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#13 Macht mehr Geld für die Top-6 Vereine der Premier League die anderen Teams besser?

Im letzten Blog habe ich mich mit den Ambitionen von Amazon im Sport näher beschäftigt. Der Umstand, dass das Unternehmen aus Seattle anscheinend Großbritannien als primären “Testmarkt” für seine Vorhaben identifiziert hat, dürfte den Wert der Medienrechte an der wirtschaftsstärksten Fußballliga der Welt nur weiter in die Höhe treiben - bis zu 45% laut einigen Analysten. (Blog #11) Nun war die English Premier League (EPL) aber aus einem anderen Grund mit Bezug zu ihren Medienrechten in den News: Die TOP6 - Clubs (Manchester City, Manchester United, Tottenham, Arsenal, Liverpool und Chelsea) fordern einen Verteilungsschlüssel der Einnahmen aus den Medienrechten leistungsbezogener unter den Vereinen verteilt - oder anders gesagt: Die TOP6 fordern mehr Geld von den kleineren Vereinen um “international wettbewerbsfähig” zu bleiben. Konkret handelt es sich dabei um den Anteil der Einnahmen, die aus der Vermarktung der internationalen Medienrechte generiert und bislang gleichmäßig unter allen 20 Teams verteilt werden. Hier wird nun gefordert, dass 35% dieser Einnahmen auf Basis der Tabellenposition am Saisonende verteilt werden, da “the current agreement does not reflect the contribution their popularity has made to recent exponential rises in rights fees."


Einen ähnlichen Disput zwischen den Vereinen gab es bereits Anfang der 1990er Jahre: Die Top-Vereine der First Division waren damals der Meinung, dass ein zu großer Anteil der TV-Einnahmen über alle vier Divisionen der damaligen Football League verteilt werden würden, obwohl die TV-Anstalten die Rechtesummen eigentlich nur zahlten, um die besagten Top-Vereine zu sehen. Dies endete schlussendlich in deren Abspaltung und der Gründung der von der Football League unabhängigen Premier League als private Organisation zur Saison 1992/93.

Damals mussten die (fünf) Top-Vereine natürlich Zugeständnisse gegenüber den anderen Vereinen der First Division, die natürlich ebenfalls eine Konzentration der Einnahmen befürchteten, machen: Damit diese das Vorhaben der führenden Mannschaften unterstützen würden, akzeptierten die Top-Vereine u.a. eine leistungsunabhängige Gleichverteilung der Einnahmen aus der internationalen TV-Einnahmen. Eine Abbildung aus meiner Bachelor-Thesis aus dem letzten Jahr zum Thema “Revenue Sharing and Competitive Balance in Professional Team Sports” illustriert diese Besonderheit eindrucksvoll:


Wie man erkennen kann, wird der Großteil der ligaweiten Einnahmen gleichverteilt und machen für sportlich unterdurchschnittliche Teams bis zu 90% der Gesamteinnahmen aus.


(Die "Facility Fees" ergeben sich als Funktion der Anzahl der im Live-TV übertragenen Spiele und sind daher auch stark von der Attraktivität bzw. dem sportlichen Erfolg der jeweiligen Mannschaften abhängig. Selbst im englischen Pay-TV werden nämlich nicht alle Spiele live und in voller Länge übertragen und Sky UK bzw. BT Sports picken natürlich "bessere" Mannschaften für ihre Übertragungen.)



Der Wert der internationalen Medienrechte an der EPL mit überdurchschnittlichem Wachstum

Zum Zeitpunkt der Gründung der EPL im Jahr 1992 bewegten sich die Einnahmen aus internationalen TV-Rechten noch in Dimensionen, die vernachlässigbar waren, sodass es ein schnell akzeptiertes Zugeständnis von den TOP6 gegenüber den kleineren Vereinen zum damaligen Zeitpunkt war. Das hat sich jedoch seit dem Ende der 1990er geändert als Manchester United in Zusammenarbeit mit Ausrüster Adidas die internationale Expansion in den asiatischen Markt pionierte und sich der Verein und in der Folge die gesamte Liga zu globalen Brands entwickelt haben.


(Diese Pionierleistung und damit verbundene Popularität in Asien ist auch heute noch einer der Hauptgründe, warum die Red Devils als das wertvollste Team der Welt gelten.)


Andere Faktoren wie der Fortschritt der Technologien und der digitalen Distribution oder dem Aufstieg von Fußball auf dem nordamerikanischen Kontinent trugen ebenfalls zur globalen Nachfrage an der EPL in den letzten Jahren bei.


(Der Wert der Medienrechte an der EPL und die Reichweite der Liga übersteigen bei weitem die Zahlen der nationalen MLS.)



Eine Bewegung gegen den eigentlichen Trend im europäischen Fußball


Die TOP6 haben sicherlich mit deren überdurchschnittlichen Beitrag zum exponentiellen Anstieg der Rechtesummen ein starkes Argument auf ihrer Seite - besonders im internationalen Kontext (im Vergleich zu den nationalen TV-Rechten) kann man behaupten, dass die globalen Brands dieser Vereine die Werttreiber darstellen.

Gleichzeitig würde man sich mit einer Konzentration der Einnahmen aus den Medienrechten jedoch gegen den allgemeinen Trend der gleichmäßigeren Verteilung der TV-Einnahmen in den letzten Jahren stemmen: Zuletzt stimmten sogar der FC Barcelona und Real Madrid mit dem Start der 2015-16 Saison einer zentralen Vermarktung und der daraus resultierenden gleichmäßigeren Verteilung der TV-Einnahmen zu. Bisher zeigte sich die EPL jedoch sehr solidarisch gegenüber ihren kleineren Vereinen:


Diese solidarische Haltung in Verbindung mit den ohnehin enormen Einnahmen der Premier League aus den Medienrechten führte schließlich dazu, dass selbst der letztjährige Tabellenletzte AFC Sunderland stolze GBP 99,9 Mio. einheimste. Gemessen an der Ratio der zugeteilten Einnahmen zwischen dem Erst- und Letztplatzierten (1,6 : 1) weist die Premier League damit den ausgeglichensten Verteilungsschlüssel unter den europäischen Top-Ligen auf. Gleichzeitig nahm der AFC Sunderland trotz dieses Solidarität mehr durch die Vermarktung der nationalen und internationalen TV-Rechte ein als der FC Bayern München (EUR 95,9 Mio.) als Branchenprimus der Bundesliga. Dies führte wohl zu dem Umstand, dass sich mittlerweile auch in manchen europäischen Ligen Anzeichen andeuteten, dass dieser Trend der Solidarität in naher Zukunft vielleicht ein Ende erfahren wird und besonders Top-Klubs vermehrt an einer Eigenvermarktung ihrer Medienrechte interessiert sind. (#Rummenigge)



Das Argument für eine leistungsbezogenere Verteilung von Medienrechten in der EPL


Die anderen 14 Vereine stemmten sich natürlich wenig überraschend gegen den vorgelegten Vorschlag und weitere Gespräche wurden zunächst auf das League Meeting im November vertagt - aber ganz vom Tisch ist das Thema auf keinem Fall. Jedoch würde eine ausnahmslose Zustimmung der kleineren Vereine benötigt werden. Das oben beschriebene Argument des "Wachstumstreiber der Werterechte" ist sicherlich valide, aber die kleineren Vereine werden sicherlich nicht kampflos auf einen signifikanten Anteil ihrer Gesamteinnahmen verzichten wollen - doch könnten nicht die (unter-)durchschnittlichen Teams der Liga sogar ein Interesse an der Reformierung des Verteilerschlüssels haben?


Ein weniger prominentes Argument, warum eine “ungleichmäßigere” Verteilung der TV-Einnahmen durchaus sinnvoll für die Attraktivität des Produkts der EPL sein könnte, ist, dass es die enormen wirtschaftlichen Unterschiede zur zweiten Liga verringern würde. Obwohl versucht wird, den Abstieg in die Football League Championship und den damit verbundenen wirtschaftlichen Diskrepanzen mit sogenannten “Parachute - Payments” von bis zu GBP 90 Mio. abzufedern, bedeutet der Abstieg in die zweite englische Liga aufgrund der starren Gehalts- und Vereinsstrukturen oftmals ein jahrelanges Verschwinden in den Niederungen des englischen Fußballs. (#LeedsUnited #FCPortsmouth)


Laut einer aktuellen Studie müssen sich Absteiger aus diesen Gründen zwischen finanzieller Viabilität und dem Streben nach dem direkten Wiederaufstieg, das mit einer signifikant erhöhten Insolvenzgefahr verbunden ist, entscheiden. Der FC Fulham, die Blackburn Rovers und Bolton Wanderes sind sicherlich Beispiele aus den letzten Jahren für die negativen langfristigen Auswirkungen des Verfehlens des direkten Wiederaufstieg trotz enormer Investitionen.


Hier mein Argument: Um diesen enormen (wirtschaftlichen) Abstieg und die Gefahr des Versinkens in den Niederungen des englischen Fußballs zu vermeiden, agieren Vereine im Mittelfeld der EPL (auf und neben dem Spielfeld) oftmals weniger risikofreudig. Die Priorität liegt eher darauf, ein Abrutschen in den Abstiegskampf zu vermeiden, anstatt ein Angriff auf die Ligaspitze zu wagen. Auch dies könnte zu der enormen Anzahl an “Blow-Outs” und wenig kompetitiven Spielen in der aktuellen Saison beigetragen haben. Allein in dieser Saison gab es bereits zehn Spiele, in denen der Sieger ohne Gegentor blieb und mindestens vier Tore erzielt hat - Competitive Balance klingt anders.


Dieses "Ausruhen" im Tabellenmittelfeld kann man u.a. an den vergleichsweise geringen Gehaltsausgaben erahnen: Das Mittelfeld will keinen Angriff auf die Ligaspitze starten, der Tabellenkeller kann es nicht - muss aber alles tun um Abstieg in die Football League Championshipverhindern.



The Bottom-Line


Es gibt Argumente auf beiden Seiten und das Solidaritätsprinzip wurde in den letzten Jahren sicherlich groß geschrieben in den europäischen Top-Ligen. Zuletzt konkurrieren die Vereine nicht nur untereinander auf nationaler Ebene, sondern auch als Gesamtprodukt der Liga im internationalen Kontext und dabei helfen spannende und ausgeglichene Spieler sicherlich. Jedoch ist das Solidaritätsprinzip im Fall der Premier League nicht der richtige Weg, um das beste Gesamtprodukt an den Start zu bringen.


Obwohl die EPL bereits für den Zeitraum von 2016 bis 2019 überdurchschnittliche 40% (GBP 3,2 Mrd.) der TV-Gesamteinnahmen durch die Auslandsvermarktung verdient, ist eine Verlangsamung des Wachstums dieser Einnahmen aus den internationalen TV-Rechten nicht in Sicht: Bereits für den darauffolgenden Rechtezyklus von 2019 bis 2022 wurden lukrative Deals abgeschlossen. Als Beispiele sind hier sicherlich die Partnerschaften mit SuperSport für den Bereich der Sub-Sahara (GBP 168 Mio. pro Jahr; plus 100% im Vergleich zum vorherigen Rechtezyklus), NBC für die Vereinigten Staaten (GBP 128 Mio.; +100%) und PPTV für den chinesischen Markt (GBP 180 Mio.; +1400%) zu nennen. Der Anteil aus der Auslandsvermarktung wird also nicht nur absolut, sondern wahrscheinlich auch relativ zu den Gesamteinnahmen gesehen weiter steigen - und diesen Teil des Kuchens wollen die TOP6-Vereine nicht mehr allzu solidarisch teilen wie noch im Jahr 1992.


Das war's auch schon wieder für dieses Mal. Mit dem Abonnieren meines RSS-Feeds oder meines Blog-Alerts bleibt Ihr immer auf dem aktuellsten Stand, sobald es etwas Neues von mir gibt. Wie immer würde ich mich über jegliche Diskussion oder Feedback freuen - egal ob direkt per Mail an yannick@offthefieldbusiness.de, als Kommentar auf der Startseite oder bei Twitter (@yannickramcke).



Nachspielzeit: Update zum Interesse der nordamerikanischen Tech-Unternehmen an der EPL


Zum Abschluss möchte ich noch ein kleines, aber sehr interessantes Update zum angeblichen Interesse von Amazon, Facebook & Co. an der Premier League geben: Facebook hat in der vergangenen Woche ein verstärktes Engagement im Rahmen der EPL nicht ausgeschlossen, aber hat sich in Form von Dan Reed (Head of Global Sports Partnerships) eher als Partner statt Rivale gegenüber den traditionellen Broadcastern Sky UK und BT Sports positioniert. Er sieht den Social Media - Giganten eher als komplementär zu den bei beiden britischen Unternehmen im Rahmen der Distribution statt eines exklusiven Rechteverwerters. Der Umstand, dass Amazon, Facebook & Co. eigentlich keine Erfahrung mit der Produktion von Live-Sportereignissen haben und dies eine enorme Eintrittsbarriere darstellt ist eine häufig übersehene Herausforderung für die Ambitionen der neuen Marktteilnehmer. Ich habe darauf in meinem Blog zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Amazon-Deals mit der NFL im Juni versucht darauf hinzuweisen:

Ich fühle mich zumindest ein bisschen bestätigt in meinem Argument.

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