#25 Fünf Thesen zur Vergabe der nationalen & internationalen Übertragungsrechte in der La Liga
La Liga vergibt kurz vor dem Abgang von Ronaldo nach Italien die nationalen und internationalen Übertragungsrechte für über €2,1 Mrd. pro Jahr bis zur Saison 2021/22
These 1️⃣- Lizenzgeber und -nehmer haben gewöhnungsbedürftige Interpretationen des EUR 3,4 Mrd. - Deals für die nationalen Übertragungsrechte
These 2️⃣- Öffentliches Kommunizieren des Interesses aus "New Media" - Bereich war pure Verhandlungstaktik
These 3️⃣- La Liga unter Zeitdruck in Folge der Katalonien - Krise um eine Situation wie in Italien zu vermeiden
These 4️⃣- Präsident Javier Tebas musste in Folge seiner hochdotierten Vertragsverlängerung liefern
These 5️⃣- La Liga entscheidet sich für kurzfristigen monetären Erfolg anstatt einer langfristigen Marktentwicklung bei der internationalen Vermarktung
Final Thoughts 🤔- Gutes Timing, TV-Piraterie und Digitalisierung als deflationäre Kraft
Als die spanische La Liga am Ende des vergangenen Monats die teilweise Vergabe der nationalen Übertragungsrechte für die dreijährige Periode ab der Saison 2019/20 verkündete waren die Informationen in den einschlägigen englisch- und deutschsprachigen Branchenmedien relativ dürftig: Aussagen wie "Vergabe trotz des Verfehlens jeglicher Reservepreise bzw. Mindestforderungen", das Kommitment des spanischen Telekommunikationsunternehmens Telefónica zu Gesamtausgaben von mindestens EUR 2,94 Mrd. über die nächsten drei Spielzeiten nachdem man eigentlich im Fall weiterhin steigender Rechtesummen ein weiteres Engagement im Bereich von Übertragungsrechten im Sport ausschloss oder das Fehlen jeglicher Lizenznehmer aus dem "New Media" - Bereich obwohl deren Interesse im Vorfeld des Ausschreibungsprozesses von La Liga - Präsident Javier Tebas mehr als aggressiv gepusht wurde, warfen jede Menge offene Fragen auf. Mit meinen Spanischkenntnissen habe ich mich für weitere Recherche also an die lokalen Quellen gemacht um mir eine fundierte Meinung bilden zu können: Die folgenden fünf Thesen sind meine wichtigsten Schlussfolgerungen bezüglich dem Status Quo der medialen Vermarktung der spanischen La Liga. Bevor es losgeht möchte ich Euch jedoch vor allem zwei spanischsprachige Publikationen aus dem Sports Business empfehlen, die den Online-Angeboten der Branchenmagazinen aus Deutschland (z.B. SPONSORs - Magazin), Großbritannien (z.B. SportsPro Media, SportBusiness Group) und den USA (z.B. SportBusiness Journal, Front Office Sports) meiner Meinung nach in Nichts nachstehen: La Jugada Financiera und Palco23. Nun soll es aber zu meinem fünf Thesen zur Vergabe der nationalen und internationalen Übertragungsrechten der La Liga (2019 - 2022) gehen!
Das Ergebnis der Vermarktung der nationalen und internationalen Übertragungsrechte der La Liga für den Zeitraum 2019 - 2022 sieht in Zahlen dabei wie folgt aus:
Grundsätzlich kann man sagen, dass man auf dem spanischen Markt bereits mit den vier vergebenen der insgesamt acht ausgeschriebenen Rechtepakete ("Lots") die jährliche Vermarktungssumme aus dem aktuellen Rechtezyklus (EUR 993 Mio.) deutlich übertreffen konnte und man sich damit gegen den zu beobachtenden Trend des abflachenden Wachstums bei den gezahlten Rechtesummen im europäischen Fußball (siehe Serie A und Premier League) stemmen konnte. Die vergebenen Rechtepakete werden der spanischen La Liga ab der Saison 2019/20 jährliche Einnahmen i.H.v. EUR 1140 Mio. bescheren und zu einer weiteren Konvergenz der Einnahmen aus den nationalen Übertragungsrechten im europäischen Vergleich führen.
Trotz des augenscheinlichen Erfolgs der spanischen Liga, der besonders vor dem Hintergrund der weiterhin andauernden Erholung der heimischen Wirtschaft von den Nachwirkungen der Euro-Krise zu betrachten ist, gibt es viele interessante Geschichten: Zum einen muss man erwähnen, dass die eigenen, im Vorfeld öffentlich kommunizierten Ziele des La Liga - Präsidenten nicht erfüllt wurden. Auch mit den noch zu erwartenden zusätzlichen Einnahmen aus der Vergabe der verbleibenden Rechtepakete (Lot 1, 4, 6 & 8) ist es unwahrscheinlich, dass die noch fehlenden EUR 160 Mio. pro Jahr bis zur Marke von EUR 1,3 Mrd. noch eingenommen werden können. Insgesamt sind noch ein Spiel pro Spieltag in der Live-Übertragung (2. Wahl), die Verwertungsrechte an dem Sender, der alle Spiele der Segúnda División (Liga 1|2|3) in Echtzeit und in voller Länge überträgt, sowie die nicht-exklusive Nachverwertung der Highlights im digitalen Bereich zu haben. Damit ist die Situation zumindest auf den ersten Blick mit der Konstellation der englischen Premier League vergleichbar, die sich im Februar dieses Jahres aufgrund der enttäuschenden Angebote im ersten Schritt ebenfalls nur für eine teilweise Vergabe der ausgeschriebenen Rechtepakete für die nächste Rechteperiode (2019-22) entschieden hatte. Letztendlich konnte man diese zurückgehaltenden Verwertungsrechte für insgesamt kolportierte GBP 60 Mio. an BT Sport und Amazon vermarkten. Ein großer Unterschied zur Premier League ist jedoch, dass es sich bei den noch zu habenden Rechten in der La Liga vorwiegend um zweitklassige Verwertungsrechte (d.h. Segúnda Division, Nachverwertung von Highlight-Clips der La Liga im digitalen Bereich) handelt. Gleichzeitig kamen selbst die 40 Live-Übertragungen der Premier League auf exklusiver Basis in einem enorm kompetitiven Markt wie Großbritannien nicht ansatzweise an die Marke von EUR 160 Mio. heran, die es der La Liga erlauben würde, die selbstgesteckte Zielstellung zu erfüllen.
Sekundäre Sportwettbewerbe als Verlierer der aktuellen Entwicklungen im Kampf um Aufmerksamkeit
Zudem haben sich besonders die Spiele der zweiten Liga in der jüngsten Vergangenheit als wenig attraktiv für die Medienpartner erwiesen: Im aktuellen Rechtezyklus (2016-19) ging es sogar soweit, dass sich die Zweitligavereine beim aktuellen Rechteinhaber Movistar+ (Marke von Telefónica) über die mangelnde Berichterstattung über die eigene Liga beschwert haben. Diese Beobachtung bestätigt die allgemeine Annahme, dass in Zeiten nahezu grenzenloser Entertainment-Angebote (sog. "Content - Proliferation") vor allem sekundäre Sportarten und zweitklassige Wettbewerbe zunehmend Schwierigkeiten im Kampf um die limitierte Aufmerksamkeit des Konsumenten haben werden. Eine noch eklatantere Zweiklassengesellschaft zwischen einigen wenigen Sportorganisationen im Premiumsegment (z.B. führende europäische Fußballligen, Big-4 der US-Sports Leagues) und allen anderen originären Rechteinhabern wäre bzw. ist bereits die Folge. Dass der Reservepreis bzw. geforderte Mindestpreis für diese Rechtepakete anscheinend jedoch so deutlich verfehlt wurde, dass man sich komplett gegen eine Vergabe zum jetzigen Zeitpunkt entschied, stimmt mich nicht optimistisch für die Zukunft des "Canal LaLiga Segunda". Das mangelnde Interesse an diesem Kanal für die exklusive Übertragung von zehn der insgesamt elf Spiele pro Spieltag der Liga 1|2|3 zeigt damit, dass sekundäre Sportarten/-wettbewerbe abseits des Premiumsegments die großen Verlierer der aktuellen Entwicklungen auf dem Sportrechtemarkt sein könnten: Aufgrund der enorm gestiegenen Akquisitionskosten für Übertragungsrechte im Sport wird eine Refinanzierung ausschließlich über die Werbefinanzierung (d.h. im Free-TV, Videoplattformen ohne Pay-Wall) immer schwieriger und ein zumindest duales Erlösmodell (z.B. Werbeeinnahmen plus Abonnementgebühren) zunehmend zum Standard wird. Daher verschwinden selbst diese sekundären Übertragungsrechte vermehrt hinter Bezahlschranken, da Unternehmen mit einem solchen Umsatzmodell schlichtweg höhere Preise als das Free-TV zahlen können. Das Problem: Nur wenige Kunden sind bereit, für diesen Content zu zahlen, und Spiele der zweiten Liga verschwinden nicht nur hinter der Paywall, sondern bekommen auch wenig Aufmerksamkeit von Seiten des Rechteinhabers im wöchentlichen Programm. Eine abnehmende Sichtbarkeit und gesellschaftliche Relevanz sekundärer Sportarten/-wettbewerbe ist das Ergebnis. Dass das Rechtepaket für die Übertragungsrechte der zweiten Liga noch nicht vergeben wurde, lässt vermuten, dass der Mindest- bzw. Reservepreis deutlich verfehlt wurde und spiegelt damit die aktuelle Marktsituation wieder. Ähnliche Entwicklungen dieses sogenannten "Syphoning" - Effekts sind auch in anderen Märkten zu beobachten: Beispielsweise werden in Deutschland mittlerweile Sportarten wie Handball (Sky Deutschland), Basketball und Eishockey (beide Telekom Sport) primär hinter einer Bezahlschranke verwertet. Obwohl man sich kurzfristig für das wahrscheinlich finanziell attraktivere Angebot entschieden hat, könnte die langfristige Entwicklung (und damit auch Monetarisierungspotenzial) dieser Wettbewerbe der große Verlierer sein. Auf der anderen Seite gab es bei der zweiten Liga jedoch auch Positives zu berichten: Im Gegensatz zur La Liga (-3,3%, 10.173.142 Gesamtzuschauer) konnte die Liga 1|2|3 ihre Gesamtzuschauerzahl um beachtliche 14,9% auf insgesamt 3.984.604 Zuschauer (ø 8.624 pro Spiel) steigern. Ob diese Entwicklung nun an der mangelnden Berichterstattung im Bewegtbildbereich lag oder an den vergleichsweise prominenten Absteigern aus der La Liga zur vergangenen Saison (d.h. Real Sporting, CA Osasuna & Granada CF) lag, sei mal dahingestellt. Zum Vergleich: Die 2. Bundesliga hatte in der vergangenen Saison einen Zuschauerschnitt von 16.502 Besuchern pro Spiel vorzuweisen. An dieser Stelle sollte allerdings auch erwähnt werden, dass in der 2. Bundesliga (18x Teams) 156 Spiele weniger pro Saison als in der zweiten spanischen Liga (22x Teams) stattfinden.
Als Referenzwert für die Nachverwertung der Highlight-Berichterstattung (d.h. Video-on-Demand) kann man hingegen das Rechtepaket O des aktuellen Rechtezyklus der Fußball-Bundesliga (2017-21) heranziehen: Im Rahmen dessen sicherte sich die OTT-Plattform DAZN die Highlights als digitales "Video-on-Demand" - Produkt ab 40 Minuten nach dem Abpfiff für alle BL-Partien für EUR 20 Mio. pro Saison.
Während also die englische Premier League (-9,6%) und die italienische Serie A zuletzt eher enttäuschende Ausschreibungsprozesse (+3,2%) für die nationalen Übertragungsrechte abgeschlossen haben, bleibt festzuhalten, dass sich die La Liga bereits zum jetzigen Zeitpunkt einen Anstieg der medialen Vermarktungseinnahmen für den heimischen Markt von 14,9% sichern konnte. Im Idealfall sehe ich zusätzliche Einnahmen durch die Vergabe der restlichen Verwertungsrechte bei ca. EUR 100 Mio. und damit eine Gesamtvermarktungssumme von EUR 1240 Mio. Damit würde man nicht nur die jährlichen Einnahmen der französischen Ligue 1 (EUR 1153 Mio. ab 2020/21) und deutschen Bundesliga (EUR 1155 Mio. seit 2017/18) toppen, sondern sich auch dem populären Narrativ der "Media Rights Bubble" widersetzen. Des Weiteren ist festzuhalten, dass der diesmalige Ausschreibungsprozess im Vergleich zum aktuellen Rechtezyklus (2016-19) lediglich acht anstatt zehn Rechtepakete ("Lots") umfasste. Der Hauptgrund dafür ist, dass der spanische Fußballverband (RFEF) ab dem kommenden Jahr die Übertragungsrechte für den spanischen Pokalwettbewerb (Copa del Rey) in Eigenregie vermarkten wird. Zudem wurde ein weiteres Rechtepaket eliminiert, da die Inhalte, die zusätzlich für das Free-TV für das vorgesehen waren, etwas reduziert wurden und dem Pay-TV damit eine noch größere Exklusivität eingeräumt wurde. Diese Umstände sollten aber bei der Bewertung des Erfolgs keine Rolle spielen, da die ambitionierten Ziele im Vorfeld mit dem Wissen über den geringeren Vermarktungsumfang gesetzt wurden. Gleichzeitig mangelte es den ausgeschriebenen Lots nicht am Umfang, da die La Liga ähnliche wie die deutsche Bundesliga und italienische Serie A alle Spiele des Wettbewerbs als Live-Übertragung und in voller Länge ausschreibt. Besonders die Premier League ist diesbezüglich restriktiver bei der Rechtevergabe: Dort werden lediglich 200 der insgesamt 380 Saisonspiele (53%) in voller Länge übertragen.
Telefónica als großer Gewinner mit anderer Interpretation des abgeschlossenen Vermarktungsprozesses
Wie es mittlerweile in den europäischen Sportrechtemärkten außerhalb von Deutschland üblich ist, dominieren auch in Spanien vertikal integrierte Telekommunikationsunternehmen (z.B. Telefónica, Orange, Vodafone), wenn es um die hochwertigsten Übertragungsrechte im Sport geht, während vor allem die Präsenz der Sportveranstaltungen im Free-TV ("Syphoning" - Effekt) deutlich abnimmt. Auf die unterschiedlichen Verhandlungstaktiken der potenziellen Lizenznehmer oder der La Liga als Lizenzgeber im Vorfeld der Ausschreibung möchte ich in der zweiten These näher eingehen, jedoch hat das enorme finanzielle Kommitment des Marktführers unter den Telekommunikationsunternehmen (EUR 980 Mio.) die enorme Bedeutung von hochwertigem, exklusivem Content für das Modell des klassischen Pay-TV im Sport erneut verdeutlicht. In den wenigen Tagen nach dem Erwerb der La Liga - Rechte setzte man dann offensichtlich alles auf die Karte "Sport" bei dem Unternehmen mit Sitz in Madrid: Zunächst sicherte man sich die exklusiven Übertragungsrechte an Wimbledon für die kommenden vier Jahre (Summe: unbekannt). Darauf folgten die (nahezu) exklusiven Übertragungsrechte an der UEFA Champions League sowie UEFA Europa League für die kommenden drei Spielzeiten (2018 - 21) für EUR 360 Mio. pro Jahr. Letztere waren zuvor von der TEAM Marketing AG, der fast schon hauseigenen Rechteagentur der UEFA mit Sitz im schweizerischen Luzern, an die spanische MediaPro - Gruppe vergeben. Diese verzichteten wiederum jedoch auf eine Eigenverwertung und agierten letztendlich als reiner Rechtehändler in dieser Transaktion. Erst im Januar konnte Telefónica im Gegenzug für EUR 65 Mio. pro Jahr den exklusiven Vertrag mit dem neuen Eigentümer der Formel 1 Liberty Media für vier weitere Jahre bis 2021 verlängern. Exklusivität bedeutet in diesem Fall vor allem, dass man sich auch die digitalen Verwertungsrechte sichern konnte und es die hauseigene OTT-Plattform der Formel 1 (F1TV) somit in Spanien, anders als beispielsweise in Deutschland, nicht geben wird. Fügt man weitere Kosten für Bewegtbildinhalte im Rechteportfolio von Telefónica (z.B. MotoGP für EUR 35 Mio., spanische Basketballliga ACB) sowie proprietären Content (ca. EUR 100 Mio.) zu dieser Rechnung hinzu, kommt man wahrscheinlich auf jährliche Rechtekosten von ca. EUR 1,5 Mrd. für das spanische Telekommunikationsunternehmen: Das oft zitierte Mantra "Content is King" scheint also auch weiterhin zu gelten und Telefónica ist anscheinend bereit, für dementsprechende "Abonnenten-Treiber" aus dem Premiumsegment des Sports für umfangreiche "Bundles" - im Fall von Telekommunikationsunternehmen oftmals das sogenannte "Triple-Play" (= Vertrag mit Breitbandzugang, Fernsehen & Telefon) oder sogar "Quadruple-Play" (plus Mobilfunkgerät) - zu zahlen.
Wie es mittlerweile üblich ist, wenn neue kostspielige Vertragsverlängerungen für Übertragungsrechte im Sport verkündet werden, ging es für die Aktie des Lizenznehmers erst einmal bergab, bevor sich die Analysten der Bedeutung des hochklassigen Live-Sports für das lineare TV bewusstwerden konnten und sich die Aktie wenig überraschend wieder erholen konnte: Nachdem die Aktie von Telefónica zunächst um fast 3% eingebrochen war, erholte sie sich und hat mittlerweile ein Plus von 4,2% im Vergleich zum Tag der Verkündung des Deals am 26. Juni 2018 vorzuweisen. Natürlich werden sich auch die unterlegenen Unternehmen wie Orange und Vodafone mit dem Gedanken beschäftigen, eine Distributionspartnerschaft mit Telefónica abzuschließen, denn die wirtschaftlich attraktiven "Quadruple-Plays" lassen sich mit der La Liga im Programm natürlich weitaus einfacher an den Kunden bringen. Während Vodafone diesbezüglich - wahrscheinlich auch aus verhandlungstaktischen Gründen - weiterhin an dem Standpunkt festhält, dass bei den aktuellen Akquisitionskosten ein Abonnement der La Liga auf ihrer Plattform mindestens €65 pro Monat kosten müsste, um es für das eigene Unternehmen profitabel zu machen, hat Konkurrent Orange bereits bestätigt, dass ihre Kunden auch über die kommende Saison hinaus Zugang zu dem Programm der La Liga haben werden. Diese Distributionspartnerschaften sind für Telefónica neben den eigenen Abonnenten die größte Refinanzierungsquelle für die jährlichen Investitionen von EUR 1,5 Mrd. für Programminhalte.
Nichtsdestotrotz hatte Telefónica natürlich ein Interesse daran, den neuen Vertragsabschluss in ein möglichst positives Licht bezüglich der Kostenseite zu rücken. Das Ergebnis war eine interessante Interpretation der Rechtekosten von EUR 980 Mio. pro Jahr: Vor allem das Vermeiden des oftmals zu beobachtenden prozentualen Ansteigens der Rechtesumme während der dreijährigen Rechteperiode durch sogenannte "Escalator" wurde als Erfolg gewertet. Dies ist in der aktuellen Rechteperiode (2016-19) noch der Fall, sodass die wahren Kosten für die kommende Saison 2018/19 auch über dem dreijährigen Durchschnitt (EUR 883 Mio.) liegen werden. Daher interpretiert man das nun erreichte Ergebnis auf die Weise, dass man unter Berücksichtigung der allgemeinen Inflation in der Saison 2021/22 einen effektiv geringeren Preis für die gleichen Übertragungsrechte zahlen wird als in der kommenden Saison 2018/19. Diese Form der Interpretation eignet sich vor allem vor dem Hintergrund, dass das Telekommunikationsunternehmen im Vorfeld eine Verlängerung der Zusammenarbeit mit der La Liga im Fall weiter steigenden Rechtekosten ausgeschlossen hatte. Bevor wir jedoch zu diesen Verhandlungstaktiken der involvierten Parteien im Vorfeld des Ausschreibungsprozesses kommen, werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Auslandsvermarktung der La Liga.
MediaPro als neue Macht auf dem Sportrechtemarkt des europäischen Fußballs
Vor wenigen Tagen wurde die Übernahme von 53,5% der Anteile an der MediaPro - Gruppe durch den chinesischen Private Equity - Investor Orient Hontai Capital nun auch offiziell abgeschlossen und nach der Ligue 1 (EUR 1,15 Mrd. pro Jahr) investierte das spanische Unternehmen die neuen finanziellen Mittel nun auch kräftig in die spanische La Liga (EUR 1,06 Mrd. inkl. Auslandsvermarktung). Offensichtlich versucht das Unternehmen damit nach produktionstechnischen und Vermarktungsdienstleistungen weitere Aktivitäten entlang der Wertschöpfungskette einzunehmen - um die langfristige Existenz auf dem "Sports Broadcasting Market" sicherzustellen. Mit dieser Vorwärts- und Rückwärtsintegration diverser Marktteilnehmer habe ich mich zuletzt anhand des Beispiels der originären Lizenzinhaber (d.h. Sportvereine, -organisationen und Franchises) beschäftigt.
Nun haben die Gesellschafter von der MediaPro - Gruppe, zu denen neben Orient Hontai Capital (53,5%) noch das Marketing-Konglomerat WPP (22,5%) sowie die Unternehmensgründer Tatxo Benet (12%) und Jaume Roures (12%) gehören, die Transformation zum Medienunternehmen also nicht nur mit dem Erwerb der allumfassenden Übertragungsrechte der Ligue 1 in Frankreich, sondern auch im Rahmen der La Liga weiter vorangetrieben. Dabei konnte man die Mandate aus der Vergangenheit (z.B. globale Auslandsvermarktung, Produktionspartnerschaft mit der In-House Unit der La Liga, Erstverwertung der Highlights im Free-TV) behalten. Zukünftig legt man zudem besonders viel Hoffnung in das Rechtepaket "Lot 7" (EUR 147 Mio.), bei dem vor allem die Verwertungsrechte für öffentliche Einrichtungen (z.B. Bars, Hotels) im Mittelpunkt der Investitionsthese stehen: Die MediaPro - Gruppe sieht großes (unausgeschöpftes) Potenzial bei der Monetarisierung dieser Verwertungsrechte, da interne Daten zeigen, dass aktuell ca. 40% der öffentlichen Lokale illegalen Gebrauch dieses Verwertungsrechts machen. Man plant zukünftig durch eine strengere Kontrolle potenzielle Mehreinnahmen von ca. EUR 150 über die gesamte dreijährige Rechteperiode zu realisieren. Der finanzielle Anreiz, für Bars und Hotels ein "normales Abonnement" für die eigene Einrichtung zu verwenden, ist sicherlich gegeben, denn öffentliche Einrichtungen zahlen teilweise enorme Preise. Diese Preise werden in Abhängigkeit der Größe bzw. Fläche des Lokals kalkuliert. Da der Erwerb eines solchen Abonnements für den öffentlichen Gebrauch jedoch erst ab einer gewissen Größe und dementsprechenden Umsatzes der Einrichtung profitabel ist, wird man zukünftig wohl vor allem in kleineren Bars und Hotels in Spanien keine Live-Spiele aus der La Liga mehr sehen können. In Deutschland ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten: Die Anzahl der (kleinen) "Sky Sports Bars" ist aufgrund der fehlenden Rentabilität auch hierzulande aufgrund einer strengeren Kontrolle in den letzten Jahren eindeutig zurückgegangen. Daher wäre es interessant zu sehen, welchen prozentualen Verlust (sog. "Churn Rate") man bei der MediaPro - Gruppe im Rahmen der internen Kalkulation angesetzt hat. Alle aktuellen illegalen Nutzer unter den Bars und Hotels wird man mit Sicherheit nicht zu rechtmäßigen Abonnenten konvertieren können.
Natürlich kommt die Transformation zum Medienunternehmen und dem damit verbundenen Erwerb zahlreicher hochwertiger Übertragungsrechte im Sport kostspielig: Nicht überraschend hat die MediaPro - Gruppe in Folge der Mehrheitsübernahme durch den chinesischen PE - Investor einen weiteren Kredit von EUR 920 Mio. zur Finanzierung der Rechtekosten in Spanien und Frankreich aufgenommen hat. Eine derart aggressive Fremdfinanzierung ist in der PE-Industrie durchaus üblich, ist jedoch natürlich eine große Wette auf Medienrechte im Sport. Mit einem Platzen der "Media Rights Bubble" scheint man zumindest in China auf absehbare Zeit nicht zu rechnen.
La Liga - Präsident Javier Tebas war im Vorfeld des Ausschreibungsprozesses des Öfteren mit aufmerksamkeitserregenden Aussagen aufgefallen: Allen voran ist hier natürlich das öffentlich proklamierte Interesse der nordamerikanischen Technologieunternehmen an der spanischen Liga zu nennen. Anbei nur einige der getätigten Aussagen des 55-Jährigen in den letzten Monaten:
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"(Facebook & Amazon) sind interessiert, ein Angebot im Rahmen des anstehenden Ausschreibungsprozess Anfang des kommenden Jahres zu machen. Wir hören uns alles an." (via El Confidencial, 20. November 2017)
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"Ohne Zweifel wird die La Liga in zehn Jahren praktisch auf einem Niveau mit der Premier League sein, wenn es um Einnahmen geht, höchstens jedoch 10% dahinter." (via La Jugada Financiera, 27. November 2017)
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"Wenn die aktuell gezahlten Rechtekosten den Telekommunikationsunternehmen zu teuer erscheinen, müssen sie diese in Zukunft ja nicht kaufen. In diesem Fall werden wir andere Strategien verfolgen. Wenn es ihnen zu teuer ist, werde ich wenigstens nicht Teil der Pleite von Telefónica sein.“ (via Sportcal.com, 6. März 2018)
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"Ronaldo und Griezmann werden bei ihren aktuellen Vereinen bleiben. Auf einer Besorgnis-Skala von eins bis zehn bin ich bei einer fünf oder vier, dass er geht. Wir sind als Liga jedoch sowieso unabhängiger von einzelnen Stars geworden." (via Radio Onda Cero, 11. Juni 2018)
Ähnlich wie in der englischen Premier League hat sich das Interesse von Amazon & Co. zumindest anfänglich in Grenzen gehalten bzw. konnte nicht als gewünschter Preistreiber dienen. Schlussendlich war ein enormer Discount seitens der Premier League notwendig, um Amazon als Lizenznehmer für die kommende Rechteperiode gewinnen zu können. Gleichzeitig scheint der Prozess in England im Nachhinein mehr erzwungen als eine organische Entwicklung im Sportrechtemarkt gewesen zu sein. Den Standpunkt, dass sich Unternehmen aus dem "New Media" - Bereich noch einige Jahre von umfangreichen, exklusiven Rechtepaketen im Premiumsegment des Sports entfernt sind, vertrete ich seit langem. Dass sowohl Facebook als auch Amazon letztendlich kein Angebot für ein Rechtepaket der La Liga abgegeben haben, bestätigt mich in meiner Annahme, dass derartige Aussagen von Javier Tebas (La Liga) und Richard Scudamore (Premier League) von Anfang an einem einzigen Ziel dienten: Den Druck auf die aktuellen Lizenznehmer zu erhöhen und der aufkommenden Frage nach dem erreichten Höhepunkt bei Rechtekosten den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Das Feld der potenziellen Interessenten, welches in Spanien neben den letztendlich siegreichen Telefónica und der MediaPro - Gruppe vor allem die Pay-TV Sender beIN Sports und Canal+ sowie die Telekommunikationsunternehmen Vodafone und Orange umfasst, stand den Offiziellen der Liga jedoch in Nichts nach, wenn es darum ging, sich möglichst vorteilhaft für den anstehenden Ausschreibungsprozess zu positionieren: Das britische Telekommunikationsunternehmen Vodafone, welches bislang einem Wettbieten mit dem Duopol aus BT Sport und Sky UK auf dem Heimatmarkt in Großbritannien aus dem Weg gegangen ist, hatte beispielsweise einen kreativen Vorschlag, dass die Vermarktungseinnahmen der Liga direkt an die Abonnentenzahlen der Lizenznehmer geknüpft hätte.
So unwahrscheinlich, wie dieses Modell zum damaligen Zeitpunkt schien, muss man sagen, dass sich in Italien zuletzt zumindest ein ähnliches Vergütungsmodell zwischen Lizenzgeber (Serie A) und -nehmern (Sky Italia & DAZN) durchsetzen konnte. Jedoch war die Verhandlungsposition der Serie A in Folge des gescheiterten ersten Ausschreibungsprozesses auch nicht mit der Ausgangslage der La Liga zu vergleichen. Die variable Komponente bezieht sich zudem lediglich auf das Upside-Potenzial, welches die Brücke zwischen der eigentlichen Zahlungsbereitschaft der Lizenznehmer bzw. deren initialen Angebots (EUR 973 Mio. pro Saison) und dem anfangs geforderten Mindestpreis der italienischen Liga (EUR 1,05 Mrd.) bildete. Sollten die entsprechend definierten Zielmarken bei den Abonnentenzahlen erreicht werden, werden Sky Italia und DAZN die Mehrkosten vermutlich gerne zahlen.
Die noch interessantere Verhandlungstaktik war jedoch ausgerechnet bei Telefónica zu beobachten: Dort schloss man sogar eine Beteiligung in jeglichen zukünftigen Ausschreibungsprozessen der La Liga grundsätzlich aus, wenn die Rechtekosten weiterhin steigen sollten. Das Telekommunikationsunternehmen störte sich im Vorfeld vor allem an den durch die La Liga gesetzten Mindestpreisen für die Rechtepakete, da man diese als nicht gerechtfertigt hielt und die aktuellen Marktverhältnisse nicht widerspiegeln würde. Schlussendlich sollte man wie gesehen diesbezüglich auch recht behalten. Vor diesem Hintergrund ist auch die gewöhnungsbedürftige Interpretation und die Schlussfolgerung, dass die effektiven Kosten der Übertragungsrechte an der La Liga gesunken wären, zu betrachten. Mit entsprechender Kreativität findet man eine Rechtfertigung für alle Entscheidungen, aber die zuvor erwähnte Bedeutung dieser Programminhalte für das eigene Geschäftsmodell schien letztendlich überwogen zu haben. Nichtsdestotrotz muss man festhalten, dass trotz des beachtlichen Anstiegs der Vermarktungssumme die gesetzten Mindestpreise im Ausschreibungsprozess letztendlich nicht erfüllt werden konnten. Neben den mehr oder weniger effektiven Verhandlungstaktiken der beteiligten Parteien gab es jedoch auch externe Faktoren, die zu diesem Ergebnis beigetragen haben.
vermeiden
Ursprünglich war der Ausschreibungsprozess für die Übertragungsrechte der La Liga für den Beginn des Jahres 2018 vorgesehen. Mit anderthalb Jahren bevor der neue Medienrechte-Deal in Kraft getreten wäre, hätte man auch komplett neuen Lizenznehmern, an denen man offensichtlich enorm interessiert war, genügend Zeit gegeben, um eine Strategie für eine erfolgreiche Aktivierung der erworbenen Verwertungsrechte vorzubereiten. Diesem Vorhaben machten jedoch die aufgeheizten Diskussionen um die Unabhängigkeit Kataloniens einen Strich durch die Rechnung: Während der Ausschreibungsprozess für die Übertragungsrechte in den internationalen Märkten aufgrund dessen bereits im Oktober 2017 explizit ausgesetzt wurden, da man einen negativen Effekt des kolportierten Austritts des FC Barcelonas aus der La Liga auf die Werthaltigkeit befürchtete, kam es jedoch auch bei den nationalen Verwertungsrechten eindeutig zu einer Verzögerung. Im Vorfeld wurde immer "der Beginn des Jahres 2018" als angestrebte Periode des normalerweise wenige Wochen andauernden Ausschreibungsprozesses genannt. Intern wurde zumindest das Ende der aktuellen Saison 2017/18 als Deadline für die Verkündung eines neuen Vertragsabschlusses kommuniziert. Im Februar 2018, während man weiterhin mit den Nachwehen der Diskussion um Katalonien kämpfte, kam dann das enttäuschende Ergebnis der Premier League hinzu, die zu diesem Zeitpunkt mit der medialen Berichterstattung über einen Rückgang der nationalen Vermarktungssumme von 13,1% im Vergleich zum aktuellen Rechtezyklus zu kämpfen hatten. Diese Entwicklungen führten anscheinend dazu, dass der Ausschreibungsprozess immer weiter in die Zukunft verschoben wurden. Auf der anderen Seite beobachtete man die Entwicklungen in der italienischen Serie A: Dort wurde deutlich, wie sehr sich die Verhandlungsposition einer Sportorganisation verschlechtern kann, wenn das Datum des Inkrafttretens der neuen Rechteperiode zunehmend näher rückt und man den eigenen Vereinen, die zur Finanzierung des täglichen Geschäfts enorm auf die Einnahmen aus der medialen Zentralvermarktung angewiesen sind, auch zwei Monate für dem Start der Saison noch immer keine finanzielle Sicherheit bieten kann.
Zuletzt kamen die Gerüchte über einen Abgang von Superstar Cristiano Ronaldo hinzu. Während im Vorfeld der WM 2018 trotz dieser Berichte einen tatsächlichen Wechsels weiterhin als unrealistisch angesehen wurde, war die La Liga gut beraten, den Ausschreibungsprozess vor einem potenziellen Abgang ihres größten Werbestars abzuschließen und das Risiko dank der mittlerweile im Premiumsegment komplett garantierten medialen Vermarktungserlöse auf die Lizenznehmer zu transferieren. Letztendlich gab es also genügend Gründe für die La Liga, den Abschluss in den vergangenen Wochen zu forcieren. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass man sich trotz des Verfehlens der geforderten Mindestpreise für die Vergabe des Großteils der Verwertungsrechte entschieden hat. Ein weiteres Hinauszögern bzw. ein fehlgeschlagener Prozess im ersten Versuch hätte eine ähnliche Situation wie in Italien entstehen lassen können. Auch eine von Tebas des Öfteren kolportierte Eigenverwertung der Übertragungsrechte über eine eigene OTT - Plattform war - ähnlich wie in der englischen Premier League - mehr Verhandlungstaktik als eine ernsthafte Alternative. Die Gründe dafür sind vielfältig und umfassen beispielsweise das enorme finanzielle Risiko einer Eigenverwertung, die technologische Anfälligkeit der OTT-Plattformen im Umfeld von Live-Übertragungen, die weiterhin mangelnde gesellschaftliche Akzeptanz bzw. Penetration dieses Distributionskanals und das immer noch gezahlte strategische Marktpremium, welches bei einer Vergabe an externe Lizenznehmern weiterhin gezahlt wird. Somit war es selbst mit der Ankündigung einer eigenen OTT-Plattform durch die spanische Liga von Anfang an unwahrscheinlich, dass man Spiele der La Liga auf diesem Distributionskanal finden werden würde.
Vor dem Hintergrund, dass die Saison im professionellen Fußball gemeinhin am 30. Juni des jeweiligen Jahres (d.h. zum Ende der Spielerverträge) endet, hat man mit der Verkündung der (zumindest teilweisen) Vergabe der nationalen Verwertungsrechte am 26. Juni 2018 zumindest die interne Deadline halten können - auch wenn man davon ausgehen kann, dass es Monate dauern kann bis die übrigen Rechtepakete vergeben werden. Ein ähnliches Vorgehen konnte man bereits in der Premier League beobachten. Dort dauerte es ziemlich genau vier Monate bis man sich mit Amazon und BT Sport als Lizenznehmer für die im Februar nicht vergebenen 40 Live-Übertragungen pro Saison einigen konnte. Nichtsdestotrotz sind bereits wenige Tage nach der Vergabe der ersten vier Rechtepakete erneut Medienberichte über das angebliche Interesse von Amazon an der La Liga aufgetaucht. Welche Personen ein Interesse an der Veröffentlichung dieser Gerüchte haben sollte, scheint offensichtlich. Dabei schließe ich nicht aus, dass sich Amazon beispielsweise das noch zur Verfügung stehende eine Live-Spiel (2. Wahl) pro Spieltag sichert. Gleichzeitig würde dies jedoch auch bedeuten, dass man sich seitens der La Liga von der eigenen Zielmarke von EUR 2,3 Mrd. endgültig verabschieden müsste: Das Unternehmen aus Seattle hat sich bereits in der Premier League einen erheblichen Discount einräumen lassen - wohlwissend, dass die Ligen enormes Interessen daran haben, einen Unternehmen aus dem "New Media" - Bereich unter den Lizenznehmern präsentieren zu können.
☝🏼These #4: Präsident Javier Tebas musste in Folge seiner hochdotierten Vertragsverlängerung liefern
La Liga - Präsident Javier Tebas sorgte nicht nur durch seine eigenen Aussagen im Vorfeld des Ausschreibungsprozesses für eine Menge aufsehen, sondern auch das Interesse der italienischen Serie A an seiner Person im Februar dieses Jahres. Schlussendlich wurde sogar ein Angebot für den 55-Jährigen, welches ihn zum neuen CEO der Serie A gemacht hätte, von Seiten des Vermarkters Infront Sports, welcher in einer Beraterrolle in dieser Angelegenheit für die italienische Liga agierte, bestätigt. Dabei soll es sich um einen Vertrag über vier Jahre und insgesamt EUR 1,2 Mio. für den in Costa Rica geborenen Executive gehandelt haben. Dieses wurde laut eigener Aussage natürlich auch "ernsthaft in Betracht gezogen" von Tebas.
Anders als mit dem öffentlich proklamierten Interesse der Technologie-Unternehmen aus den USA gelang es Tebas in diesem Fall dann sogar, die neue Nachfrage nach seiner Person kurzfristig in eine kräftige Gehaltserhöhung umzumünzen: Wenige Tage nach dem Bekanntwerden des Interesses der Serie A stimmte die La Liga einem Anstieg seines jährlichen Gehalts um ca. 23% zu, um mit dem Angebot der Serie A gleichzuziehen. Zudem legte man noch einen leistungsabhängigen Bonus i.H.v. EUR 250.000 pro Jahr oben drauf. Auch in der Vergangenheit konnte Javier Tebas seine Vergütung kontinuierlich steigern, nachdem er seine Position im Frühjahr 2013 zum einem Jahresgehalt von EUR 348.000 angetreten war und damals sogar ein geringes Gehalt als sein Vorgänger José Luis Astiazarán akzeptieren musste, der zuletzt EUR 395.000 pro Jahr verdient hatte.
Der große Unterschied zu den Gehaltserhöhungen in der Vergangenheit war, dass diese Gehaltsanpassung dieses Mal im Vorfeld eines neuen Medienrechte-Deals stattfand. Die Erhöhung der Einnahmen aus der medialen Vermarktung waren in der Vergangenheit wiederholt Anlass für die Aufbesserung der finanziellen Bezüge. Dieses Mal war damit also der 55-Jährige in der Bringschuld, seiner Ankündigung von Gesamteinnahmen i.H.v. EUR 2,3 Mrd. pro Jahr aus der nationalen und internationalen Vermarktung der Übertragungsrechte zu erzielen auch handfeste Resultate folgen zu lassen. Dementsprechend hatte Tebas auch ein großes persönliches Interesse daran, ein PR-Desaster eines fehlgeschlagenen Ausschreibungsprozesses aufgrund der Nichterreichung der gesetzten Mindestpreise zu vermeiden. Obwohl die eigenen Ziele verfehlt wurden bzw. auch mit der Vergabe der verbliebenden Rechtepakete verfehlt werden, kann der Anstieg von mindestens 15% im aktuellen Marktumfeld durchaus als Erfolg gewertet werden. Um die Marke von EUR 2,3 Mrd. zu erreichen, tat Tebas bislang auch alles und agierte vor allem in einigen internationalen Märkten, in denen die medialen Verwertungsrechte noch über das aktuelle Jahr hinaus vergeben waren, mit einer gewissen Kreativität. Dieses durchaus aggressive Vorgehen in Märkten wie den USA und China, um auch kurzfristig Einnahmensteigerungen verzeichnen zu können, habe ich in einem vorherigen Blog näher betrachtet. Damit wären wir auch bei der fünften These, denn die internationalen Übertragungsrechte wurden kurz nach den nationalen Verwertungsrechten ebenfalls vergeben und der Fokus auf den kurzfristigen Erfolg hat sich auch in diesem Prozess erkennen lassen.
Mit dem Vertragsabschluss in der La Liga für die nationalen Übertragungsrechte hat sich die Konvergenz der Einnahmen aus jenen Vermarktungsrechten unter den führenden europäischen Fußballligen fortgesetzt: Während die Ligen in Italien (bis zu EUR 1,07 Mrd.), Spanien (EUR 1,14+ Mrd.), Frankreich (EUR 1,15 Mrd.) und Deutschland (EUR 1,16 Mrd.) zur Saison 2019/20 unter der Voraussetzung, dass die definierten Ziele bei den Abonnentenzahlen von Sky Italia und DAZN erreicht werden (+ EUR 100 Mio.), die Marke von EUR 1,0 Mrd. überschritten haben werden, wird die Premier League einen Rückgang in den nationalen Medieneinnahmen zu verzeichnen haben. Mit der anscheinenden Sättigung des Heimatmarktes wird die internationalen Vermarktung zwangsläufig vermehrt in den Fokus bei der Suche nach weiteren Umsatzpotenzialen rücken und dort ist die Diskrepanz zwischen den Ligen noch enorm: Die Nachricht über die Vergabe der medialen Verwertungsrechte der englischen Premier League an Facebook in eher weniger bedeutenden Territorien wie Thailand, Vietnam, Kambodscha und Laos für unglaubliche GBP 200 Mio. über drei Jahre sollte beispielsweise die deutsche Bundesliga, die aus der gesamten medialen Auslandsvermarktung derzeit ca. EUR 220 Mio. pro Jahr generiert, neidisch über den Ärmelkanal blicken lassen. Das soziale Netzwerk hatte spätestens im Frühjahr dieses Jahres mit dem USD 600 Mio. - Angebot für die globalen Streamingrechte (exkl. Indien) der indischen Premier League im Cricket ihr Interesse an Übertragungsrechten, die vor allem in Wachstumsmärkten außerhalb der USA ein gewisses Interesse generieren können, offenbart.
Premier League und La Liga mit enormen Einnahmen bei der Auslandsvermarktung dank Starpower
Bei dieser Auslandsvermarktung scheint es sich daher zumindest zum aktuellen Zeitpunkt - anders als bei der nationalen Vermarktung - weiterhin um eine Zweiklassengesellschaft zu handeln, denn auch die La Liga konnte sich nun jährlich garantierte Einnahmen von EUR 897 Mio. ab der Saison 2019/20 sichern. Im Rahmen des neuen Fünfjahresvertrags über EUR 4,5 Mrd. mit der MediaPro-Gruppe wird sich das in Barcelona ansässige Unternehmen nun jedoch wieder vermehrt in der Rolle des Intermediäres als Rechtehändler wiederfinden. Eine Eigenverwertung der erworbenen Verwertungsrechte ist eher unwahrscheinlich: Auch wenn die MediaPro - Gruppe mit den Aktionen in Italien und Frankreich gezeigt hat, dass die Transformation zum Medienunternehmen ("Content Creator") das große Ziel in der Zukunft ist, machen fehlenden operativen Präsenz außerhalb Spaniens, Italiens und Frankreich eine Rolle, die über den Ein- und Verkauf von Verwertungsrechten hinausgeht, unwahrscheinlich.
Damit hat sich die spanische Liga wie die Serie A, die zuletzt die globalen Verwertungsrechte für die dreijährige Periode ab der kommenden Saison für die jährliche garantierte Summe von EUR 340 Mio. an die Agentur IMG abgegeben hatte, für den schnellen finanziellen Erfolg und Sicherheit entschieden. Selbstverständlich bieten Agenturen vor allem in Märkten, in denen die jeweiligen Ligen weniger Nachfrage generieren können, weiterhin Vorteile bei der Auslandsvermarktung, jedoch zeigt die Bundesliga meiner Meinung nach, wie ein langfristige Entwicklung ausländischer Kernmärkte aussehen kann: Mit der Umfirmierung der hauseigenen Vermarktungs-Unit DFL Sports Enterprise in Bundesliga INTERNATIONAL GmbH hatte man den Schwerpunkt der zukünftigen Wachstumsstrategie im Juli 2017 öffentlichkeitswirksam eingeleitet. Während es im Zuge der Internationalisierung mit Sicherheit des Öfteren zu einer Abwägung zwischen den Interessen der nationalen und der internationalen Medienpartner kommen wird, offenbaren die enormen Erlöse aus der medialen Auslandsvermarktung der anderen europäischen Top-Ligen das bislang noch kaum ausgeschöpfte Potenzial der Bundesliga. Da man jedoch direkte Beziehungen mit ausländischen Lizenznehmern bevorzugt und keine kurzfristige "Lump-Sum" eines Intermediärs präsentieren kann, bleiben die positiven Schlagzeilen aus. Auch wenn man daher kurzfristig keine große garantierte Vermarktungssumme durch die Vergabe an einen Intermediär vorweisen kann, möchte man anders als die Ligen in Spanien, Frankreich oder Italien die Verantwortung für die Realisierung dieses Umsatzpotenzials jedoch nicht in fremde Hände legen.
Vor allem die Aussicht auf die kurzfristige Verkündung eines solchen finanziellen Erfolg wird ein bedeutender Grund für La Liga - Präsident Tebas gewesen sein, sich weiterhin für dieses Modell der Vermarktung entschieden zu haben. Dabei zeigt die Premier League, die wie die Bundesliga vor allem in Kernmärkten ebenfalls auf interne Kapazitäten bei der Auslandsvermarktung setzt, dass das Modell der direkten Beziehungen zu den Lizenznehmern zwar einen größeren Aufwand bedeutet, neben dem Behalt der Kontrolle über die Auswahl der Medienpartner und der Präsentation des eigenen Produkts, vor allem auch in enormen finanziellen Erfolg resultieren kann.
Aus Sicht der Bundesliga gibt es zumindest einen kleinen Trostpreis: Im Vergleich zur französischen Ligue 1, die ihre internationalen Verwertungsrechte noch bis 2024 für die jährliche Garantiesumme von EUR 80 Mio. an die beIN Sports Media Group abgegeben hat, erscheinen die eigenen Einnahmen geradezu monströs und aufgrund der oftmals direkten Beziehungen zu den ausländischen Lizenznehmern wird man auch die Möglichkeit haben, kurzfristiger von auslaufenden Verträgen profitieren zu können.
🤔 Final Thoughts: Gutes Timing, TV-Piraterie und Digitalisierung als deflationäre Kraft
Trotz eines Ausschreibungsprozesses mit Höhen und Tiefen kann man vor allem im Nachhinein und dem Wechsel von Cristiano Ronaldo in Richtung Italien der spanischen Liga ein gutes Timing unterstellen: Sowohl die Verträge für die nationalen als auch internationalen Übertragungsrechte (30. Juni 2018) wurden vor dem Abgang von Ronaldo bzw. ersten handfesten Hinweisen auf diesen Transfer (2. Juli 2018) unter Dach und Fach gebracht und garantierte Einnahmen aus der TV-Vermarktung von mindestens EUR 2,03 Mrd. gesichert. Nun wird es an den Lizenznehmern Telefónica und MediaPro - Gruppe sein, auch im Rahmen der geänderten Situation die Akquisitionskosten erfolgreich zu refinanzieren. Vor allem bei der Auslandsvermarktung könnte sich die fehlende Starpower eines Ronaldos und ein in die Jahre gekommener Lionel Messi negativ auf das Interesse an der La Liga auswirken.
Daher sind auch Aussage der spanischen Liga, dass man aufgrund von TV-Piraterie pro Jahr ca. EUR 400 Mio. verlieren würde mit Vorsicht zu genießen. Den finanziellen Schaden haben die Lizenznehmer. Jedoch ist es nicht verwunderlich, dass auch die La Liga sich lautstark in den aktuellen Fällen um die Verletzung der Verwertungsrechte durch Sender im Nahen Osten wie dem ATN Network oder beoutQ, die in ihrem Namen bereits einen wenig subtilen Angriff auf den im Nahen Osten dominierenden Pay-TV Operator im Sport beIN Sports machen, einmischt: Die originären Rechteinhaber (d.h. Ligen, Sportorganisationen) sind dafür verantwortlich die Integrität bzw. das Monetarisierungspotenzial der von ihnen vergebenen Verwertungsrechte zu gewährleisten. Ganz ohne Verantwortlichkeiten ist man seitens der Ligen also auch nach der Vergabe der Übertragungsrechte und den garantierten TV-Erlösen nicht.
Vor dem Hintergrund, dass selbst trotz der öffentlichen Platzierung des angeblichen Interesses der nordamerikanischen Technologie-Unternehmen durch die Offiziellen der Premier League und der La Liga im Vorfeld ihrer jeweiligen Ausschreibungsprozesse, der erwartete Anstieg der Rechtekosten aufgrund der vermeintlich erhöhten Konkurrenzintensität ausgeblieben war, ist mir letztendlich der folgende Gedanke gekommen: Wie hat sich die Digitalisierung auf das Preisniveau von anderen Medien ausgewirkt? Eher deflationär.
Das war's für dieses Mal! Zum Abschluss möchte ich Euch noch ein "Cheat Sheet" zur medialen Vermarktung der La Liga zur Verfügung stellen, welches das Resultat meiner Recherche in den spanischen Branchenmagazinen war.
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