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#1 Status Quo der Trikot- und Ärmelvermarktung in der Bundesliga, EPL und NBA

Anfang Dezember 2015 informierte die DFL ihre 36 Vereine der 1. und 2. Bundesliga bei einer Mitgliederversammlung in Frankfurt am Main, dass die Profiklubs ihre Trikotärmel ab der Saison 2017/18 selber vermarkten dürften. Damit einhergehend wurde die bis Ende der Saison 2016/17 laufende Partnerschaft mit dem Logistikdienstleister Hermes nicht verlängert. Der Entschluss war eine Folge des geäußerten Wunsches der Vereine, die Kooperationen auf Unternehmen zu beschränken, die möglichst nicht in gleichen Geschäftsfeldern wie bedeutende Vereinssponsoren tätig sind. Einen ligaweiten Sponsor für den Trikotärmel zu finden, der nicht mit relevanten Sponsoren der einzelnen Vereine kollidiert, war nicht nur auf dem ersten Blick eine nicht zu lösende Aufgabe. Ein weiterer Kritikpunkt war aufgrund eines fehlenden Aktivierungskonzepts die mangelhafte kommunikative Wirkung des zentralvermarkteten Hermes-Ärmelsponsorings, sodass viele Entscheidungsträger der Vereine zunächst von den unendlichen Möglichkeiten neuer innovativen und emotionalen Zusammenarbeiten mit einem individuellen Ärmelsponsor begeistert waren. Nun sind die Bundesligavereine also seit mehr als eineinhalb Jahren mit der Aufgabe betraut, einen individuellen Sponsor zu finden und damit die berichteten jährlichen Einnahmen i.H.v. ca. 8 Millionen Euro zu ersetzen.

Ein ähnliche Entwicklung ist derzeit in der englischen Premier League (EPL) sowie auch in der nordamerikanischen NBA zu beobachten: Die EPL stellt ab der kommenden Saison den Vereinen den rechten Trikotärmel für die Eigenvermarktung zur Verfügung und verzichtet damit auf das im Zuge der Internationalisierungsstrategie vor einem Jahr neu designte Logo der Liga auf einem der Ärmel. Für einen revolutionären Schritt in Sachen Werbung auf den Spieluniformen hat sich auch die NBA entschieden: Ab der kommenden Saison dürfen auch die NBA-Franchises einen Teil des Jerseys als Werbefläche (maximal 6,35 x 6,35 cm auf der linken Brust) vermarkten. Diese Entwicklung bedeutet ein radikales Umdenken in der besten Basketballliga der Welt, denn die äußerst traditionsbewussten Amerikaner verzichteten bisher gänzlich auf Trikotwerbung in ihren Big-Four Ligen (NBA, NFL, MLB und NHL).


Das höchste der Gefühle bezüglich Sponsoring waren in der NBA in diesem Zusammenhang bisher kleine Patches auf der Trainingskleidung oder ein Logo auf den Jerseys im All-Star Game. Selbst im Vergleich unter den US-Ligen fiel die NBA bislang auch eher mit Zurückhaltung auf, was die Logopräsenz des Ausrüsters auf den originalen, während der Spiele getragenen Trikotsätzen angeht. (Bemerkung: Man beachte die Unterschiede zwischen dem originalen NBA Game Jersey sowie den frei erwerblichen Authentic (ca. 250 USD), Swingman (ca. USD 65) und Replica Jerseys (ca. USD 45).)


Das Unternehmenslogo vom derzeitigen (ligaweiten) Ausrüster Adidas, der über die letzten 11 Jahre insgesamt ca. USD 400 Millionen für dieses Recht bezahlt hat, verschwand eigentlich immer in der Hose der Spieler und war somit nicht TV-relevant. Mit dem Abschluss eines neuen Ausrüstervertrags der Liga ab der kommenden Saison 2017/18 zahlt Nike nun USD 125 Millionen jährlich über die nächsten 8 Jahre - und hat sich dabei auch eine weitaus prominentere Position auf dem Jersey gesichert.

Was haben die drei Ligen aber zudem gemeinsam: Die Vermarktung der neuen Sponsoringpakete in Eigenregie stottert noch gewaltig. Vor dem Hintergrund, dass man annehmen könnte, dass die Präsenz auf dem Ärmel in der Bundesliga und der EPL hinter dem Ausrüstervertrag und dem Sponsorship auf der Brust das wertvollste Sponsoringpaket der Fußballvereine sein sollte, ist dieser Umstand durchaus verwunderlich. In der NBA hingegen hat man noch nicht mal das augenscheinliche Problem der fehlenden Exklusivität und sollte aufgrund der Neuheit dieses Sponsorships (das Sponsoringpaket ist zunächst auf eine dreijährige Testperiode ausgelegt) von erheblicher öffentlicher Aufmerksamkeit profitieren.


Als Hauptgrund für diesen schleichenden Prozess wird von allen Parteien vor allem die fehlende Erfahrung mit der monetären Bewertung des Sponsoringrechts angeführt:


Jan Lehmann (CEO Nielsen Sports):

„Weil dieses Recht in der Bundesliga bisher zentral vermarktet wurde, fehlt häufig die Information über die Wertigkeit, insbesondere die des Ärmels bei einem einzelnen Klub.“


Brad Sims (Cleveland Cavaliers SVP and Chief Revenue Officer):

„There are so many difficulties quantifying value when being associated with our brand and players."


The Fields of Green hat diesbezüglich für die NBA einen interessanten (wenn auch simplen) Bewertungsansatz anhand der Anzahl der relevanten Unternehmen sowie der Marktgröße des jeweiligen Standorts, der Visibilität bzw. Popularität und der Präsenz in den sozialen Netzwerken der jeweiligen Franchise entwickelt. Auf Basis dieser Faktoren würden die individuellen Bewertungen des Jersey Patches zwischen USD 5 - 15 Millionen pro Jahr für die Teams liegen.


Doch schauen wir uns den Status Quo mal etwas genauer an:


Bemerkungen:

Die grau unterlegten Werte sind entweder bisher nicht bestätigt (Hoffenheim & Darmstadt) oder sind Beispielrechnungen unter der Annahme, dass das Trikotsponsoring einen Wert von ca. 20% des Trikotsponsorings hat. Zudem habe ich die neu erwarteten Sponsoringeinnahmen in Relation zu den letztjährigen Gesamtumsätzen der Vereine gesetzt um einen Indikator für die relative Bedeutung des Sponsoringpakets darzustellen. Die Tabelle beinhaltet nur die bereits abgeschlossenen Sponsoringverträge aus der 1. Liga. Zweitligisten, die bereits einen Partner für den Trikotärmel gefunden haben, sind Sandhausen, Kaiserslautern, Heidenheim und Union Berlin.

Abschließend meine Kommentare zu dem Status Quo der jeweiligen Ligen:

Nach der anfänglichen Euphorie ist bei den Bundesligavereinen noch eine Menge Sand im Getriebe bezüglich der Vermarktung der Ärmel. Auf den ersten Blick überzeugen Hoffenheim, Darmstadt, und Frankfurt auch nicht gerade mit innovativen oder besonders emotionalen Aktivierungskonzepten soweit man das zum jetzigen Zeitpunkt beurteilen kann. Dabei verlassen sich die drei Vereine auf Sponsoren aus dem lokalen Umfeld, zu denen bereits in der Vergangenheit eine Partnerschaft bestand. Der FC Schalke 04 sticht nicht nur die jährlichen EInnahmen i.H.v. EUR 5 Millionen heraus, sonders auch durch die innovative Herangehensweise an die Partnerschaft mit dem Online-Supermarkt der Deutschen Post DHL. Vor dem Hintergrund der enorm angestiegenen Umsätze der Bundesligavereine in den letzten Jahren und dem erneuten Anstieg durch den neuen TV-Deal ab der kommenden Saison, nimmt das Sponsoringpaket auch nur einen sehr kleinen Part der Gesamtumsätze ein. Aus dieser Sicht ist es vielleicht nicht verwunderlich, dass die Vereine noch die nötige Eile vermissen lassen. Schlussendlich gehe ich stark davon aus, dass zum ersten Spieltag der neuen Saison alle 36 Vereine einen Sponsor auf ihrem Ärmel präsentieren werden. Dabei kann ich mir aber gut vorstellen, dass Vereine vermehrt auf bestehende Sponsoren zurückgreifen und / oder einen kurzfristigen Einjahresvertrag als Zwischenlösung präsentieren, um mehr über den Wert und die Möglichkeiten des Pakets zu erfahren bevor man langfristige Partnerschaften eingeht.

Die Entwicklungen in der EPL sehe ich grundsätzlich ähnlich wie in der Bundesliga. Ein paar Unterschiede finde ich dennoch erwähnenswert: Zum einen glaube ich, dass sich der Trend in RIchtung ausländische Sponsoren für die lukrativsten Sponsoringmandate fortsetzen wird und der Anteil internationaler Partner um ein Vielfaches höher sein wird als in der Bundesliga. Eine weitere Eigenheit ist jedoch, dass sich in der EPL aller Voraussicht nach bis zu zehn, eher (unter-)durchschnittliche Vereine zusammentun wollen und damit einen Vertrag mit einem gemeinsamen Ärmelsponsor eingehen wollen. Vor dem Hintergrund, dass die neue Einnahmequelle für Stoke City i.H.v. GBP 0,3 Millionen lediglich einen Anteil von 0,3% der letztjährigen Gesamteinnahmen ausgemacht hätte, macht dieser Schritt für diese Vereine durchaus Sinn, um interessierten Unternehmen eine attraktivere Werbepräsenz bieten zu können - ganz nach dem Sprichwort von Aristoteles: "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile." Im Vergleich zu der Bundesliga stehen zudem Chancen größer, dass einzelne Vereine auf einen Ärmelsponsor verzichten (müssen): Vereinzelte Brustsponsoren haben Vertragsklauseln, die eine Präsenz eines weiteren Unternehmens auf dem Trikot verbieten könnten.


Zudem bin ich auf die folgenden beiden Dinge gespannt:


  • Wird sich die Dominanz der Wettanbieter auf der Brust des Trikots auch auf dem Ärmel fortsetzen. Ich persönlich bin kein Fan von der Tatsache, dass mittlerweile die Hälfte der 20 Teams einen Wettanbieter auf dem Trikot bewirbt nachdem Großbritannien in 2005 Sportwetten offiziell legalisiert hat und die Industrie seitdem ein Wachstum von 1400% erfahren hat.

  • Inwieweit werden die aktuellen Trikotsponsoren aktiv, um eine gewisse Exklusivität zu wahren, auch wenn diese nicht vertraglich zugesichert ist. Manchester City war ein erstes Beispiel, in dem eine Schwestergesellschaft das Sponsoringpaket für den Ärmel akquiriert hat.



In der NBA stellt sich die Vermarktung des Jersey Patches als äußerst kompliziert dar, sodass ich nicht verwundert bin, dass auch hier der Großteil der Franchises noch keinen Sponsor präsentiert hat: Implikationen durch das Revenue Sharing, die bevorzugte Behandlung von potenziellen Sponsoren aus den lokalen Märkten und das Mitspracherecht der nationalen TV-Partner ESPN und TNT sind dafür nur drei Beispiele. Auf der anderen Seite würden zusätzliche Einnahmen i.H.v. durchschnittlich USD 5 Millionen pro Jahr einen vergleichsweise großen Anteil der letztjährigen Gesamtumsätze für die Franchises ausmachen. Das Beispiel der Utah Jazz, deren Mehreinnahmen der Krebsforschung des Sponsors zugute kommen, zeigt, dass NBA Franchises zumindest während der dreijährigen Testphase bereit sein könnten, auf ein Sponsorenlogo zu verzichten - die Traditionalisten unter den NBA-Fans würden dies sicherlich willkommen heißen. Die sehr präsente Positionierung von Nike und dem jeweiligen Teamsponsor auf den Trikots gleicht einer Revolution in der NBA, sodass ich glaube, das einige Franchises sich zunächst auf Swoosh-Logo beschränken. Dieses Modell wird zumindest im College-Basketball seit Jahrzehnten erfolgreich praktiziert wird.



Trotz der schleichenden Prozesse sollte es nicht verwunderlich sein, dass Sportvereine und -ligen aggressiver bei der Monetarisierung ihres Brands werden und selbst lang gehaltene Tradition in diesem Zusammenhang in den Hintergrund treten müssen. Selbst der FC Barcelona, der bis 2006 gar keine Sponsorenpräsenz auf seinen Trikots erlaubte, schloss bereits 2014 einen lukrativen Vierjahresvertrag bis 2018 mit dem Hausgerätehersteller Beko für die Vermarktung des Trikotärmels ab.



Update (7. Juni 2017):

Mittlerweile hat die SpVgg Greuther Fürth mit der BVUK Gruppe als fünfter Zweitligist einen Sponsor für den Trikotärmel vorgestellt. Die kommunizierten Parameter der Zusammenarbeit passen in das Schema der zuvor abgeschlossenen Partnerschaften der anderen Zweitligisten: ein unterer sechsstelliger Betrag pro Jahr, eine Vertragslaufzeit von drei Jahren und ein Sponsor aus der Region (zu dem sogar ein persönlicher Kontakt durch Clubpräsident Helmut Hack besteht).


Update (15. Juni 2017):

Der SV Werder Bremen ließ mittlerweile verlauten, wohlmöglich ohne Partner für den Trikotärmel in die kommende Saison zu starten. Diese Meldung unterstützt zwei entscheidende Punkte meines Standpunkts: Zum einen fällt es den Vereinen einfach schwer, den Wert des Sponsoringpakets zu quantifizieren. Zum anderen ist man anscheinend bereit, auf diese Einnahmequelle für zumindest ein Jahr zu verzichten. Meine Gründe dafür habe ich oben aufgeführt.


Das war's mit meinem ersten Blog und ich hoffe, es ist nur der Beginn einer spannenden Reise. Mit dem Abonnieren meines RSS-Feeds oder meines Blog-Alerts bleibt Ihr immer auf dem aktuellsten Stand, sobald (sofern) es etwas Neues von mir gibt. Ich würde mich sehr über jegliche Diskussion oder Feedback freuen - egal ob direkt per Mail an yannick@offthefieldbusiness.de, als Kommentar auf der Startseite oder bei Twitter (@yannickramcke).




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