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#23 Konvergenz bei den nationalen TV-Erlösen im europäischen Fußball

Abgesehen von der Bundesliga 🇩🇪befinden sich derzeit die Big-5 des europäischen Fußballs entweder kurz vor dem Beginn (La Liga 🇪🇸), mittendrin (Serie A 🇮🇹) oder kurz nach dem Abschluss (Ligue 1 🇫🇷und Premier League 🇬🇧) der Ausschreibung für die nationalen Übertragungsrechte. Dabei konnten sich trotz aller Gerüchte um das Interesse der Technologie-Unternehmen aus Nordamerika ("New" - Media), welches zudem kontinuierlich von den Liga-Offiziellen aus Spanien und Großbritannien gepusht wurde, vor allem die Vertreter aus dem "OLD" - Media letztendlich durchsetzen. Mit dem Erwerb eines Rechtepakets, welches 20 Spiele pro Saison (zwei Spieltage á zehn Spiele) in der englischen Premier League auf exklusiver Basis umfasst, stellt Amazon hier sicherlich die Ausnahme da und konnte seine Ambitionen im Live-Sport zumindest mit einem ersten zaghaften Schritt im europäischen Spitzenfußball unterstreichen. Nichtsdestotrotz bleibt festzuhalten, dass sich mit Sky UK und BT Sport auch in Großbritannien die altbekannten Medienunternehmen (sog. "Legacy Media") insgesamt 180 der 200 ausgeschriebenen Live-Spiele bzw. nahezu 95% der Spieltage (36 von 38 Spieltage) sichern konnten. Daher gehe ich auch in absehbarer Zukunft nicht von einer Abnahme der Dominanz einiger weniger Pay TV - Anbieter auf dem weltweiten Sportrechtemarkt aus: ESPN, 21st Century Fox (inkl. Sky Group & STAR India) und die aufstrebende beIN Sports Media Group sind hier an erster Stelle zu nennen und vor allem die angekündigte Akquisition von einem Großteil der Assets von 21st Century Fox (u.a. STAR India, Sky Group, Regional Sports Networks in den USA) durch die The Walt Disney Company lassen zukünftig weitere Konsolidierungsbewegungen im Sportrechtemarkt vermuten.


Abgesehen von der zunehmenden Dominanz dieser Unternehmen mit nahezu globalen Präsenzen hat das lauwarme Interesse aus dem Bereich der "New" - Media einen zweiten Trend zur Folge, der sich in allen fünf Ligen beobachten lässt: Das astronomische Umsatzwachstum im Bereich der Medienrechte ist ohne neue ernsthafte Konkurrenz erwartungsgemäß nicht aufrechtzuerhalten und bleibt daher oftmals ein einmaliges Ereignis für die Ligen:

Premier League:

2013-16 ➡️ + 67% ➡️ 2016-19 ➡️ -10%

La Liga:

2015/16 (Einzelvermarktung) ➡️ N/A ➡️ 2016-19 ➡️ TBD

Bundesliga:

2013-17 ➡️ + 79% ➡️ 2017-21 ➡️ TBD

Ligue 1:

2012-16 ➡️ + 20% ➡️ 2016-20 ➡️ + 58%

Audiovisual Broadcasting Rights in European Soccer - Data Table

Schlussendlich denke ich, dass es zu einer Konvergenz der jährlich gezahlten Rechtesummen für die führenden europäischen Ligen kommen wird: In Großbritannien hat man sich sprunghaft auf diese Zielmarke zubewegt und musste anschließend stagnierende (inkl. Auslandsvermarktung) bzw. leichte Rückgänge (siehe Inlandsvermarktung) bei den jährlichen Einnahmen verzeichnen. Eine ähnliche Entwicklung sehe ich auf für die Bundesliga: Meiner Meinung nach wurde das Erlöspotenzial im Rahmen der aktuellen Rechteperiode (2017-21) nahezu komplett ausgereizt und weitere Umstände (z.B. Bedeutung des "Kernspieltags" sowie mangelnde Wettbewerbsintensität und gesellschaftliche Akzeptanz des Pay-TV) hinzukommen, die das Potenzial für weitere Umsatzsprünge im Vergleich zum europäischen Ausland einschränken sollten. Das Umsatzwachstum in Frankreich, Spanien und Italien hingegen scheint sich auf zwei bis drei Rechteperioden verteilt zu haben und ein allmähliches Aufschließen zur Premier League (im Fall der La Liga) und der Bundesliga (im Fall der Ligue 1 und Serie A) sollten mittelfristig die Folge sein. Falls sich die Konkurrenzsituation durch den ernsthaften Eintritt von Amazon, Facebook und Co. in einen der fünf Märkte wider Erwarten enorm intensivieren sollte, sind natürlich auch in Großbritannien und Deutschland weitere Umsatzanstiege im mittleren zweistelligen Prozentbereich realisierbar. Die Monetarisierung komplett neuer Einnahmequellen im Bereich der medialen Vermarktung (z.B. Live-Highlights im digitalen Bereich) ist zum jetzigen Zeitpunkt noch ungewiss und würde vermutlich eine noch aggressivere Segmentierung der Verwertungsrechte in Form weiterer Rechtepakete benötigen.

Damit ist durchaus möglich, dass es zu einer zunehmenden Konvergenz bei den Einnahmen aus der (nationalen) Medienrechtevermarktung der europäischen Top-Ligen kommen wird und die Auslandsvermarktung zukünftig vermehrt den Unterschied ausmachen wird.

Audiovisual Broadcasting Rights in European Soccer

Im Folgenden möchte etwas genauer auf die vor Kurzem beendeten Ausschreibungsprozesse in Frankreich und Großbritannien blicken:


Die Nachricht der Vergabe der nationalen Übertragungsrechte für die französische Ligue 1 in der vergangenen Woche kam etwas überraschend. Während alle Augen nach Italien und den anhaltenden Rechtsstreit zwischen der Serie A, MediaPro Group und Sky Italy gerichtet waren, verkündete man einen neuen Rekord-Deal, der die Liga in Bezug auf die jährlichen Einnahmen zumindest zum jetzigen Zeitpunkt lediglich hinter die Premier League katapultiert. Diese Aussage setzt jedoch eine erfolgreiche Vermarktung der beiden noch nicht vergebenen Rechtepakete voraus, die einen Mindestpreis von EUR 15 Mio. bzw. EUR 8 Mio. haben sollen. Somit sollten die Gesamteinnahmen letztendlich auf mindestens EUR 1,176 Mrd. bzw. einem Anstieg im Vergleich zum vorherigen Zyklus von über 60% verzeichnen können. Bislang kann sich die MediaPro Group aus Spanien dabei als großer Gewinner sehen: Zum einen konnte man sich einen Großteil der Spiele (d.h. 8x exklusive Spiele plus 1x nicht-exklusives Spiel pro Woche) sichern, zum anderen hat man in Frankreich das bekommen, was ihnen in Italien noch versagt wurden war: ein eigener, fußball-dedizierter Sender. Die MediaPro Group war bereits in den vergangenen Jahren sowohl in Spanien als auch Italien durchaus aktiv auf dem Sportrechtemarkt. Jedoch konzentrierte man sich bislang auf das Geschäft des Rechtehändlers sowie die Produktion von Sportveranstaltungen für die letztendlichen Lizenznehmer der Ligen. Mit der Tatsache, dass vor allem Ersteres vermutlich kein nachhaltiges Geschäftsfeld im heutigen Sport- und Medienökosystem darstellt, habe ich mich vor Kurzem ausführlich beschäftigt. Das neue Interesse an einem kundenbezogenen B2C - Geschäft und die Ambitionen, ein sogenannter "Content-Creator" zu werden, kommen allerdings nicht überraschend und sind auch vor dem Hintergrund der Anfang des Jahres durchgeführten Mehrheitsbeteiligung (53,5%) durch den - vermutlich enorm finanzkräftigen - Private Equity Investor Orient Hontai Capital aus China zu betrachten. Somit wird die MediaPro Group in Zukunft mit einem Atemzug mit Canal+, beIN Sports, Sky UK/Deutschland/Italia oder Eurosport zu nennen sein. Nun hätte man vermuten können, dass die MediaPro Group den angekündigten Fußball-Sender dazu nutzen würde, um auf den aktuellen Trend der OTT-Plattformen (z.B. DAZN, Eurosport-Player, Amazon Prime Video, B/R Live & ESPN+) aufzuspringen und eine direkte Kundenziehung (Direct-to-Customer) aufzubauen. Jedoch hat man sich vertraglich dazu verpflichtet, das eigene Programm über die TV-Plattformen der französischen Telekommunikations- und Satellitenunternehmen Orange, Bouygues, Free, SFR und CanalSat zu distribuieren. Verhandlungen über solche Distributionsverträge müssen allerdings noch ausgehandelt werden und wie das letztendliche Fußball-Programm der MediaPro Group aussehen wird, bleibt ungewiss.

Nun stellt sich jedoch die Frage, warum man exakt einen Tag nach dem in Italien der Vergabeprozess, indem sich MediaPro Group alle Übertragungsrechte für den Zeitraum von 2018 bis 2021 für EUR 1.050 Mio. pro Jahr sichern konnte, für ungültig erklärt wurde, einen derart erfolgreichen Abschluss verkünden konnte. Die Gründe sind vielschichtig. Jedoch wird es nicht nur daran gelegen haben, dass man bei der MediaPro Group die kurzfristig anscheinend wieder frei gewordenen finanziellen Mittel aus Italien wieder möglichst schnell reinvestieren wollte. Auch das von den Präsidenten der Premier League (Richard Scudamore) und La Liga (Javier Tebas) wiederholt öffentlich proklamierte Interesse von Amazon, Facebook & Co. blieb erwartungsgemäß aus und konnte nicht als Preistreiber dienen.


Mehr Vorteile als Nachteile einer frühzeitigen Ausschreibung?

Die Ligue 1 hat ihren Ausschreibungsprozess enorm frühzeitig gestartet und ist mit Ausnahme der beiden restlichen Rechtepakete, die lediglich ungefähr 2% der Werthaltigkeit der audiovisuellen Verwertungsrechte darstellen werden, bereits mehr als zwei Jahre vor Inkrafttreten der neuen Rechteperiode abgeschlossen. Dieses Vorgehen hatte Vorteile für alle involvierten Partien: Die Liga hätte im Fall eines missglückten Prozesses (d.h. Nichterreichung der vordefinierten Mindestpreise) ausreichend Zeit gehabt, um einen oder sogar zwei weitere Versuche mit beispielsweise anderen Zusammenstellungen der einzelnen Pakete starten können. Auf der anderen Seite hat die MediaPro Group nun über zwei Jahre Zeit, um die Transformation vom B2B - zum B2C - Unternehmen zu vollziehen. Im Vergleich dazu wurde der Ausschreibungsprozess in der Premier League ein Jahr vor dem Inkrafttreten des neuen Vertragswerks abgeschlossen - inklusive des zweiten Versuchs, die ursprünglich an die Internetunternehmen gerichteten Pakete F (Amazon) und G (BT Sport) erfolgreich zu vergeben. Wenn man diesbezüglich jedoch nach Italien schaut, sieht man dass sich Ligen mit einem späten Start der Ausschreibung selbst unnötig unter Druck bringen können: Lediglich zwei Monate vor der neuen Saison hat man dort immer noch keinen erfolgreichen Abschluss vorzuweisen. Wahrscheinlich wird man nicht nur einen Preis unterhalb des ursprünglich ausgerufenen Mindestpreises (EUR 1,05 Mrd. pro Jahr) akzeptieren müssen, sondern die Verantwortlichkeit gegenüber den durch die Zentralvermarktung vertretenden Vereinen sollte vermehrt in den Blickpunkt rücken: Besonders bei den international nicht vertretenden Vereinen ist die finanzielle Abhängigkeit von den Einnahmen aus der nationalen Medienrechtevermarktung enorm hoch und derartige finanzielle Mittel sind essentiell um das laufenden Geschäft zu finanzieren. Aus diesem Grund sind gewisse Garantiezahlungen im Vorfeld bzw. kurz nach dem Inkrafttreten eines neuen Rechtezyklus üblich. Zwei Monate vor dem Start der neuen Saison ist man von diesen Zahlungen noch sehr weit entfernt: Zumindest der (inoffizielle) Twitter-Account von der Ligue 1 scheint mir zuzustimmen und retweete meinen Tweet in Bezug auf diese Problematik.

Nach Zusammenarbeit in Deutschland: Kooperieren Sky & DAZN auch in Italien?

Während sich die MediaPro Group also im rechtlichen Streit mit der Serie A befindet, könnte der bisherige primäre Lizenznehmer Sky Italia der große Gewinner sein: Nach den enorm gestiegenen Rechtekosten der Sky-Gruppe in dem britischen und deutschen Markt, musste man in jenen Ländern bei der Akquisition weiterer Übertragungsrechte gezwungenermaßen bereits zurückhaltender sein, um nach einem kurzfristigen Einbruch bei der Profitabilität nicht nur Umsatz- sondern auch wieder ein Gewinnwachstum verzeichnen zu können: Der Verlust einiger attraktiver und langfristig gehaltener Rechte wie die US Open an Amazon in Großbritannien oder die Formel 1 in Deutschland, die seit dieser Saison ausschließlich im Free-TV bei RTL und auf der eigenen OTT-Plattform der Formel 1 übertragen wird, waren die Folge. Mit dem Start des Ausschreibungsprozesses für die nationalen Verwertungsrechte der Serie A schien der nächste Kostenanstieg für Sky unvermeidbar, wenn man ein ähnlich umfangreiches Rechtepaket wie in der Vergangenheit behalten wollte. Vor dem Hintergrund, dass vor allem in Europa die nationale Fußballliga essentiell für das Geschäftsmodell des Pay-TV als Abonnenten-Treiber ist, hatte man sich im Februar dann doch etwas überraschend gegenüber der MediaPro Group zum Mindestpreis geschlagen gegeben.

Nun geht man allerdings in Industriekreisen davon aus, dass sich Sky (EUR 800 - 850 Mio.) im Rahmen eines gemeinsamen Gebots mit der britischen Perform Group (EUR 100 Mio.) mit der italienischen Liga einigen könnte. Die Verhandlungsposition für die beiden britischen Unternehmen verbessert sich zumindest mit jedem weiteren verstrichenen Tag und den entsprechend fehlenden Garantiezahlungen an die einzelnen Vereine der Serie A.


Ein ähnliches Vorgehen, in dem Sky die Rolle des primären Lizenznehmers mit einer im Voraus vereinbarten Sublizenzierung an die Perform Group einnehmen würde, war bereits bei den Übertragungsrechten an der UEFA Champions League ab der kommenden Saison in Deutschland zu beobachten. Besonders die Perform Group ist derzeit im Expansionsmodus (z.B. in Zusammenarbeit mit Infront Sports im Handball, mit IMG im südamerikanischen Fußball oder mit Matchroom Boxing im Boxsport) und auf der Suche nach neuen Zielmärkten für den Launch ihrer DAZN-Plattform.

Vor allem für kostenpflichtige Angebote wie Sky (Kabel- bzw. Satellitenfernsehen) oder DAZN (OTT-Plattform) machen solche Kooperationen trotz des geringeren Umfangs und Exklusivität der Übertragungsrechte durchaus Sinn: Das primäre Ziel solcher Angebote ist die Akquisition von zahlenden Abonnenten. Diesbezüglich gilt es, ein derart attraktives Programmangebot gegenüber den Konsumenten anbieten zu können, dass dieser bereit ist, die monatliche Abonnementgebühr zu zahlen. Wenn man es jedoch aus ökonomischer Sicht betrachtet ist jeder Mehrwert über diesem Punkt, an dem eine Zahlungsbereitschaft seitens des Konsumenten existiert, nicht monetisierbar und man könnte sich diese wahrscheinlich kostspielig zusätzlich erworbenen Spiele auch sparen, ohne Einbußen bei den Abonnementgebühren verzeichnen zu müssen. Auch im Fall der Aufteilung der Übertragungsrechte zwischen Sky und DAZN sollten beide Parteien in der Lage sein, ein ausreichend attraktives Angebot für die potenziellen Kunden zu kreieren. Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, dass Sky, die den weitaus größeren Anteil (ca. 90%) der jährlich an die Liga gezahlten Lizenzgebühren beitragen würden, das deutlich umfangreichere Angebot mit vermutlich auch attraktiveren Spielpaarungen anbieten können wird. Auf der anderen Seite wird man bei Sky aufgrund höherer Monatspreise und langfristigerer Verträge im Vergleich zu DAZN (vermutlich wie in Deutschland für EUR 9,99 im monatlich kündbaren Abonnement) auch ein entsprechend attraktiveres Programm anbieten müssen, um die potenziellen Kunden zahlungswillig zu machen. Des Weiteren vermeidet man mit einem derartigen Vorgehen kartellrechtliche Probleme im Rahmen der seit Jahren in Italien geltenden "No-Single-Buyer" - Rule.

Kompetitiver, fragmentierter Pay-TV als Preistreiber

Ein weiterer Faktor, der sich sicherlich vorteilhaft für die Ligue 1 im aktuellen Ausschreibungsprozess ausgewirkt hat, ist die kompetitive und vor allem fragmentierte Pay-TV Landschaft in Frankreich. Mit Canal Plus, beIN Sports, SFR Sport und seit neuestem auch MediaPro gab es vier legitime Interessenten mit umfangreichem Sportprogramm für die Live-Verwertungsrechte der französischen Liga. Besonders im Verhältnis zu der Marktgröße Frankreichs ist dies eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Marktteilnehmern und sicherlich eine komfortable Situation, von der besonders die deutsche Bundesliga weit entfernt ist: Die historisch enorm stark ausgeprägte Free-TV Landschaft in Deutschland sowie die weiterhin geringe Zahlungsbereitschaft des deutschen Konsumenten für Videoinhalte stellte bislang eine unattraktive Kombination für Lizenznehmer der Bundesliga dar. Die von Verlusten geprägte Geschichte von der KirchPayTV GmbH & Co. KGaA (via „Premiere“) sowie wenig erfolgreiche Marktneueintritte wie dem von der Arena Sport Rechte und Marketing GmbH (via „Arena“) in der Saison 2006/07 waren die Folge. Nichtsdestotrotz wandern nun auch in Deutschland vermehrt sekundäre Sportarten hinter die Bezahlschranke (z.B. Basketball, Handball, Eishockey), um eine erfolgreiche Refinanzierung durch einen dualen Erlösstrom (Werbeeinnahmen + Abonnementgebühren) gewährleisten zu können. Ob Angebote wie Netflix die Mentalität der deutschen Konsumenten bereits derart verändern konnten, um derartige Bezahlmodelle im Sport profitabel zu machen, wird man sehen müssen. Auf der anderen Seite scheinen gleich vier traditionelle Pay-TV Anbieter auf nationaler Ebene sowie der Möglichkeit weiterer Markteintritte von digital-only OTT-Plattformen in der absehbaren Zukunft (z.B. Eleven Sports, DAZN) kaum nachhaltig in einem Umfeld mit weiterhin steigenden Rechtekosten zu sein. Daher sollte allein aus wirtschaftlicher Sicht eine Konsolidierungsphase auf dem französischen Markt bevorstehen, um eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit zu ermöglichen. Der nordamerikanische Markt, der oftmals eine Vorreiterrolle bei industrieweiten Trends einnimmt, scheint diesbezüglich auch bereits den Startschuss für diese Unternehmensübernahmen gegeben zu haben: Ob wir nun eine vertikale Integration (siehe: Übernahme von Time Warner Inc. durch AT&T für USD 85,4 Mrd. inkl. Schulden) zwischen beispielsweise dem Telekommunikationsunternehmen Orange und dem Content-Creator MediaPro Group sehen werden oder eine horizontale Integration (siehe: Übernahme großer Teile von 21st Century Fox durch The Walt Disney Company oder Comcast für über USD 60 Mrd.) durch eine hypothetische Übernahme von SFR Sport durch die MediaPro Group sehen werden, bleibt abzuwarten.


Balance-Akt und Wachstumspotenzial bei der Auslandsvermarktung

In der Einleitung zu diesem Beitrag wurde bereits angesprochen, dass zukünftig die Einnahmen aus der medialen Auslandsvermarktung den Unterschied machen werden, während sich die nationalen Erlöse zwischen den führenden europäischen Fußballligen zumindest teilweise angleichen sollten. Auch diesbezüglich hat die Ligue 1 noch weiteres Potenzial: Zum einen sind die Erlöse im Rahmen des aktuellen Rechtezyklus (EUR 80 Mio. pro Jahr) noch enorm ausbaufähig. Diese globalen Vermarktungsrechte konnte sich die beIN Sports Media Group aus Katar bereits im Jahr 2014 für den Zeitraum von 2018 bis 2024 sichern. Zwar stellte dieser Abschluss zum damaligen Zeitpunkt einen Anstieg von 145% dar, fällt mittlerweile jedoch deutlich hinter die Einnahmen der anderen europäischen Ligen zurück. Der beste Vergleich sollte dabei die italienische Serie A sein, die zuletzt ein ähnlich umfangreiches Vermarktungsmandat an IMG im Tausch für eine jährliche Garantiesumme von EUR 340 Mio. vergeben hat. Die Entwicklungen, die die Ligue 1 seit 2014 genommen hat und dabei allem voran natürlich die Transfers von Spielern wie Neymar oder Mbappé sollten die Liga mittlerweile zu einem eindeutig unterbewerteten Produkt gemacht haben.


Vor diesem Hintergrund stand man jedoch auch vor der Herausforderung, die Beziehung zu dem langfristigen Partner für die Auslandsvermarktung (beIN Sports Media Group), der auch enormes Interesse an den nationalen Übertragungsrechten hatte, nicht zu riskieren und gleichzeitig das äußerst attraktive Angebote von der MediaPro Group anzunehmen: Zwar bezahlt beIN Sports nun für weitaus weniger Spiele (1x Spiel pro Spieltag) einen deutlich höheren Preis pro Spiel, hat aber an 28 der 38 Spieltage die erste Wahl bei den Spielpaarungen. Daher wird man ab der Saison 2020/21 wohl Paris Saint-Germain oder Olympique Marseille überwiegend auf dem Sender aus Katar sehen. Damit macht man bei beIN Sports einen drastischen Schritt von Quantität mit aktuell sieben Spielen pro Spieltag zu einer absoluten Premium-Strategie. Somit bleibt aber auch langfristig auf nationaler Ebene Teil der TV-Partner der Ligue 1 und es sollte keine Probleme bei der ebenfalls langfristig ausgerichteten Zusammenarbeit bei der Auslandsvermarktung geben.



Was sich in den letzten Tagen angedeutet hat, wurde nun wohl auch offiziell unter Dach und Fach gebracht: Die Live-Übertragungen der Serie A werden ab der kommenden Saison auf Sky Italia und DAZN zu sehen sein.


Im Fall vom Ersteren konnte man sich wie im abgelaufenen Rechtezyklus das umfangreichste Verwertungspaket sichern und wird für die kommenden drei Jahre 226 Spiele pro Jahr in voller Lange und Live übertragen. Die jährlichen Rechtekosten sollten im Base-Case dabei bei ca. EUR 873 Mio. liegen. Die britische Perform Group hingegen wird ihre DAZN - Plattform mit 114 Spielen der Serie A als Kern des Angebots launchen und dafür mindestens EUR 100 Mio. pro Jahr zahlen. Die erworbenen Übertragungsfenster für die OTT-Plattform beinhalten das Spiel am Samstagabend, zwei Spiele am Sonntag sowie drei Spiele an Spieltagen unter der Woche, den sogenannten "englischen Woche". Damit werden in der Serie A insgesamt 340 der 380 Saisonspiele in voller Länge übertragen. Das ist auf der einen Seite ein höherer Anteil als in der Premier League (200 von 380 Saisonspielen). Die deutsche Bundesliga bleibt damit jedoch weiterhin eine Ausnahme im europäischen Spitzenfußball, indem man alle 306 Saisonspiele übertragt. Natürlich ist diese Gesamtanzahl aufgrund weniger Mannschaften in der Liga (18 vs. 20 Mannschaften) geringer.


Bei Sky Italia vermeidet man mit diesem Vertragsabschluss vor allem den dritten enormen Anstieg der Rechtekosten bei den nationalen Übertragungsrechten der Fußballliga in den Kernmärkten der Sky-Gruppe: Nach den kostspieligen Vertragsverlängerungen mit der Bundesliga in Deutschland (2017) und der Premier League in Großbritannien, wo der Anstieg der Gesamtausgaben für Sky UK (4x Rechtepakete) über den dreijährigen Rechtezyklus (2016-2019) mit 83% (GBP 2,28 ➡️GBP 4,18 Mrd.) besonders extrem ausgefallen war, scheint der minimale Anstieg der Gesamterlöse im Fall der Serie A von ca. 3,2% nahezu vernachlässigbar. Die Perform Group arbeitet hingegen weiter an ihren Expansionsplänen und man akquirierte das enorm wichtige Ankerrecht, um welches man nun ein attraktives Angebot für den Kunden aufbauen kann - eine Strategie, die man bei der Perform Group bislang konsequent bei allen neuen Markteintritten durchgezogen hat. In den USA beispielsweise wird der achtjährige Vertrag mit Matchroom Boxing als Ankerrecht für den Launch im Spätsommer dienen. Pünktlich zu diesem Zeitpunkt wären zudem noch einige weitere Übertragungsrechte aus dem internationalen Fußball für den nordamerikanischen Markt verfügbar:



Auch auf dem italieneschen Markt kann man davon ausgehen, dass DAZN nun die Sommermonate dazu nutzen wird, um die Serie A mit weiteren Übertragungsrechten zu flankieren. Dass man dabei durchaus bereit ist, extrem in den Long-Tail zu gehen hat man in Deutschland mit Nischensportarten wie Rugby, Cricket und Volleyball gezeigt.


Die Serie A hatte sich durch den missglückten ersten Vergabeprozess in eine brenzlige Lage gebracht und Sky Italia sowie DAZN sind nun die klaren Nutznießer dieser Situation. Dabei war der - wie bereits erwähnt - vergleichsweise extrem späte Start des Vergabeprozesses sicherlich der Hauptgrund, da schlichtweg nicht genügend Zeit für einen zweiten formalen und strukturierten Prozess übrig blieb. Daher musste man letztendlich "in privaten Gesprächen" eine Lösung finden. Es gibt jedoch weitere formale Punkte des Ausschreibungsprozesses, die einen reibungslosen Verlauf von Anfang an unwahrscheinlich gemacht haben: Andere führende Sportligen und -organisationen bemühen sich vermehrt um eine direkte Beziehung mit den eigenen Lizenznehmern der Übertragungsrechte. Besonders für den Heimatmarkt, der auch für bereits über die eigenen nationalen Grenzen populäre Organisationen (siehe NFL, NBA, Bundesliga) weiterhin den Großteil der Einnahmen aus der Medienvermarktung generiert, ist eine solche direkte Beziehung zu der limitierten Anzahl an Lizenznehmern mittlerweile üblich. Jedoch wird mit dem Ziel einer nachhaltigeren Marktentwicklung und mehr Kontrolle über die Präsentation und Aktivierung des eigenen Produkts ein ähnliches Modell mittlerweile auch in den wichtigsten Auslandsmärkten verfolgt. Umfangreiche Vermarktungsmandate für Rechtehändler sieht man daher besonders im Premiumsegment immer seltener. Dass die Serie A jedoch anscheinend eine Präferenz für das alte Modell besitzt und die frühzeitigen Garantiezahlungen gegenüber einer langfristigen Etablierung der Liga außerhalb der eigenen Grenzen bevorzugt, hatte bereits die Mandatierung der Sportrechteagentur IMG für alle internationalen Übertragungsrechte ab der kommenden Rechteperiode (2018-2021) gezeigt.


DFL International als Beispiel für Disintermediation entlang der Wertschöpfungskette im Sports Broadcasting Market

Dass man sich allerdings selbst auf den Heimatmarkt für eine Involvierung einer zusätzlichen Partei (d.h. Rechtehändler) entschieden hat und damit die komplette Kontrolle an dem Vermarktungs- und Aktivierungsprozess im Tausch für die Garantiesumme von EUR 1,05 Mrd. an die MediaPro Group abgeben hat, war nicht nur überraschend, sondern stand auch im Kontrast zu dem Vorgehen aller anderen führenden Ligen im europäischen Fußball. Der fehlgeschlagene Prozess mit der MediaPro Group in der dualen Rolle als Verwerter und Händler der Übertragungsrechte kommt also nicht überraschend.



Audiovisual Broadcasting Rights in Serie A (2015-21)

Nun hat man sich mit Sky Italia und DAZN auf eine jährliche Rechtesumme i.H.v. EUR 973 Mio. für die kommenden drei Saisons geeignet. Falls gewisse Umsatz- und Abonnentenzahlen bei den beiden Lizenznehmern erreicht werden, kann man zusätzlich bis zu EUR 100 Mio. pro Jahr generieren. Ein solches ergebnisabhängiges Vorgehen ist in den letzten Jahren besonders in dieser Höhe (über 10% der jährlichen Rechtesumme) ungewöhnlich geworden, da originäre Rechteinhaber aus dem Premiumsegment ausreichend Verhandlungsmacht besitzen, um sich die kompletten Vermarktungserlöse garantieren zu lassen. Im aktuellen Fall der Serie A dient es jedoch vor allem zwei Zwecken: Zum einen kann man damit seitens der Liga öffentlich kommunizieren, dass man (im Idealfall) weiterhin die anfänglich geforderte Mindestsumme von EUR 1,05 Mrd. einnehmen wird und eventuell sogar das ursprüngliche Angebot von der MediaPro Group toppen wird. Zum anderen - und aus meiner Sicht weitaus wichtiger - sollten zukünftig Interessenskonflikte zumindest minimiert werden können, da die eigenen Interessen mit denen der Lizenznehmer grundsätzlich übereinstimmen sollten. Das ist eine 180-Grad-Wendung im Vergleich zu dem Vermarktungsmodell, welches zunächst mit der MediaPro Group verfolgt wurde, und zeigt, dass man anscheinend lernwillig in Italien zu sein scheint.


Anfang des Monats verkündete die englische Premier League, dass man die beiden im Februar „nicht vergebenen“ Rechtepakete - eine gutmutige Formulierung für die Tatsache, dass der im Vornherein gesetzte Mindestpreis durch keines der Gebote erfüllt wurde - nun an den Mann bringen konnte. Meiner Meinung nach hatte sich die englische Premier League mit ihrem Ausschreibungsprozess von Anfang an überworfen und der nun widerwillig eingeräumte Discount (d.h. unter dem im Februar gesetzten Mindestpreise) ist dabei nur das unvermeidbare Resultat: Trotz öffentlichkeitswirksamen Aussagen über das „enorme“ Interesse komplett neuer Lizenznehmer aus dem Internetbereich, mit denen man bereits fortgeschrittene Gespräche geführt habe, diente dieses propagierte Interesse aus meiner Sicht von Anfang an ausschließlich dem künstlichen Hochtreiben der Rechtepreise. In den Medien wurden diesbezüglich wiederholt Amazon und Facebook als heißeste Anwärter für die Rechtepakete F & G, die explizit für den Eintritt von digital-only Playern konzeptioniert worden sein sollten, genannt. Jedoch war es genau diese Definition der Pakete, die es meiner Meinung nach unwahrscheinlich machte, dass sich die Tech-Giganten aus den USA ernsthaft um jene audiovisuellen Verwertungsrechte bemühen würden.

EPL Revenue from Domestic UK Media Rights (2019-22)

Warum waren die Verwertungspakete anscheinend so unattraktiv für Facebook und Amazon?

Dass wir noch mindestens drei Jahre (konkret: Ausschreibungsprozess für NFL Monday Night Football für die Saison ab 2021) davon entfernt sind, dass einer der nordamerikanischen Tech-Giganten ein umfangreiches, exklusives und über die gesamte Saison andauerndes Rechtepaket im absoluten Premiumsegment akquiriert, habe ich bereits wiederholt gesagt. Jedoch gab es weitere Gründe, warum die verfügbaren Rechtepakete an der englischen Premier League nicht besonders attraktiv für diese Unternehmen waren. Dabei möchte ich mich auf Facebook und Amazon fokussieren, da andere Player von Anfang an als unwahrscheinliche Lizenznehmer der EPL ab der Saison 2019/20 galten.


Facebook

Grundsätzlich ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei Facebook um eine ausschließlich werbefinanzierte Online-Plattform handelt. Die Premier League hingegen ist im absoluten Premiumsegment innerhalb der audiovisuellen Medienverwertungsrechte anzusiedeln: Im Vergleich zu den anderen nationalen Sportligen bzw. -organisationen wird der jährliche Durchschnittswert im Rahmen der aktuellen Rechtperiode der EPL (USD 2,5 Mrd.) nur von der NFL (USD 7,9 Mrd.) und NBA (USD 2,7 Mrd.) übertrumpft.


Die Limitierungen und meine grundsätzliche Skepsis gegenüber einer Refinanzierung dieser hochwertigsten Übertragungsrechte im Sport durch ausschließlich Werbeeinnahmen (damals besonders im Zusammenhang von YouTube und YouTubeTV) habe ich bereits in der Vergangenheit ausführlich dargelegt: Ein dualer Erlösstrom aus Abonnementgebühren und Werbeeinnahmen ist mittlerweile nahezu unerlässlich um diese Übertragungsrechte profitabel refinanzieren zu können. Warum jedoch der Werbemarkt außerhalb der USA besondere Herausforderungen darstellt und auch für Amazon nicht besonders profitabel sein wird, soll im Folgenden dargelegt werden. Jedoch war dieses singuläre Revenue-Modell von Facebook der Hauptgrund, warum das Unternehmen aus Menlo Park (Kalifornien) aus meiner Sicht von Anfang an kein ernsthafter Interessent an exklusiven Übertragungsrechten zum jetzigen Zeitpunkt war. Der einzige valide Kandidat aus dem Bereich der "New" - Media war somit das Unternehmen aus Seattle: Amazon.

Amazon

Damit standen die Offiziellen der Premier League letztendlich wohl vor der Entscheidung zwischen zwei nicht ganz optimalen Optionen: (I) Zum einen gehe ich davon aus, dass man etwas mehr Einnahmen generieren hätte können, in dem man die Rechtepakete F & G komplett an die traditionellen TV-Partner Sky UK und BT Sports vergeben hätte. Wäre man dadurch in der Lage gewesen, die Gesamteinnahmen aus der nationalen Vermarktung der aktuellen Rechteperiode (GBP 5,14 Mrd.) zu toppen, wäre das wohl auch die präferierte Option gewesen und man wäre bereit gewesen die neuen „digitalen“ Rechtepakete an die linearen Lizenznehmer aus der Vergangenheit zu vergeben. (II) Die zweite Option war, die eigenen Preisvorstellungen enorm zurückzufahren, um sich schlussendlich mit Amazon auf die Vergabe beider Rechtepakete zu einigen. Falls dies nicht möglich gewesen wäre und Amazon die anfänglichen Investitionen unabhängig vom Preis auf ein Paket hätte begrenzen wollen, hätte man unter Umständen noch einen weiteren digital-only Player hinzunehmen können. Der Mehrwert eines zweiten Rechtepakets aus Sicht von Amazon sollte ohnehin umstritten sein: Die punktuelle Übertragung zwei weiterer Spieltage stellt nur einen begrenzt größeren Anreiz für potenziellen Neukunden dar, ein Abonnement abzuschließen. Der Erwerb eines Rechtepakets, welches sich mit den sogenannten „Bank Holidays“ (Ende August) und dem Boxing Day (2. Weihnachtstag) ausschließlich auf Feiertage konzentriert, macht zudem aus Sicht des primären Geschäftsmodells des E-Commerce enormen Sinn. Dass das Unternehmen aus Seattle besonders an solchen arbeitsfreien Tagen interessiert ist, wenn es um die Live-Übertragung von Sportveranstaltungen geht, hat man bereits in der NFL beobachten können: In der letzten Saison (2017: elf Spiele) sicherte man sich im Vergleich zu Twitter ein Jahr zuvor (2016: zehn Spiele) explizit ein weiteres Spiel - das sogenannte „Christmas Special“ am 25. Dezember 2017 zwischen den Pittsburgh Steelers und den Houston Texans. Mit dem Erwerb eines Rechtepaketes der EPL konnte man zumindest die eigenen langfristigen Ambitionen unterstreichen und schlussendlich geht es für Amazon lediglich darum, weitere Erfahrungen in Hinblick auf die ab 2021 verfügbaren Übertragungsrechte an der NFL zu sammeln. Die verfügbaren Rechtepakete waren damit vor dem Hintergrund des eigenen Abonnement-Modells aufgrund der Verwertungsumfänge nicht attraktiv genug. Ein bis zwei Spiele pro Spieltag und somit eine durchgängige Präsenz der EPL auf der Plattform von Prime-Video hätten jedoch sicherlich zu einem größeren Interesse von Amazon (und andere „subscription-based“ OTT-Plattformen) geführt.


Beide Alternativen waren also nicht optimal fur die Premier League und hätten in beiden Fällen durch die Medien negativ interpretiert werden können: Entweder „kompletter Gesichtsverlust“ dadurch, dass man gar keinen digitalen Player für die Übertragungsrechte gewinnen konnte oder dadurch, dass man einen noch größeren Preisnachlass bieten musste, um auch nur eines dieser "New Media" - Unternehmen für die speziell konzeptionierten Rechtepakete zu interessieren.



Was wird Amazon wirklich für das Paket F gezahlt haben?

Der Preis, den Amazon pro Saison bezahlt hat, wird meiner Meinung nach sehr ähnlich wie bei BT Sports für die zuletzt vergebenen Verwertungspakete liegen, da man sowohl für ein Premium als auch für einen noch stärkeren Discount gegenüber dem langfristigen Medienpartner argumentieren kann: Auf der einen Seite liegen die von Amazon akquirierten Spieltage mit dem bekannten Boxing Day über die Weihnachtstage und den "Bank Holiday" - Days an Feiertagen. Dies sollte vor allem Möglichkeiten für eine innovative Aktivierung im Rahmen des Kerngeschäfts des E-Commerce bieten und könnte einen Preisaufschlag im Vergleich zum Paket G (EUR 1,5 Mio. pro Spiel) gerechtfertigt haben.


Auf der anderen Seite war Amazon in einer äußerst komfortablen Verhandlungsposition gegenüber der Premier League: Nachdem CEO Richard Scudamore das enorme Interesse der Unternehmen aus dem New Media - Bereich öffentlichkeitswirksam im Vorfeld der Ausschreibung im Februar positionierte und man schlussendlich kein zufriedenstellendes Gebot für die beiden "digitalen" Pakete erhielt, welches die zuvor festgelegten Mindestpreis erfüllte, stand die Liga und Scudamore im Speziellem vor dem zuvor beschriebenen Dilemma: Gesichtsverlust in der Öffentlichkeit oder einen neuen Lizenznehmer um sprichwörtlich "jeden Preis" ins Boot holen. Auch die damalige Aussage, dass "man sich gegen eine Vergabe der digitalen Rechtepakete zum jetzigen Zeitpunkt entschieden hatte" war etwas irreführend, da schlichtweg ein zu erfüllendes Vergabekriterium (d.h. Mindestpreis) nicht erfüllt wurde. Eine freiwillige Entscheidung war das meiner Meinung nach nicht und die Verhandlungsposition von Amazon wurde im Anschluss ausschließlich gestärkt. Des Weiteren kann man davon ausgehen, dass sich Unternehmen wie Facebook oder Twitter trotz anfänglichem Interesse bereits im Februar gegen ein Gebot entschieden haben. Die Gründe dafür wurden bereits vereinzelt genannt:


  • Das globale Geschäftsmodell der nordamerikanischen Online-Unternehmen macht ein Erwerb von Sportrechten im Sport außerhalb des riesigen nordamerikanischen Markts kompliziert: Durch die weiterhin etablierte "Contry-by-Country" - Vermarktung im Sport entsteht zwangsläufig ein enorm fragmentierter Markt für Medienrechte. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass man es bei Amazon (z.B. AVP Pro Beach Volleyball Tour) und Facebook (z.B. World Surfing League) zunächst primär auf sekundäre Sportarten abgesehen hat, die entweder komplett (exklusive) globale Verwertungsrechte vergeben oder zumindest bei der internationalen Vermarktung außerhalb des Heimastmarkts auf den "Country-by-Country" - Ansatz verzichten.


  • Das werbebasierte Revenue-Modell, welches ein profitable Refinanzierung von Übertragungsrechten im Premiumsegment unwahrscheinlich macht, ist für Unternehmen wie Facebook, YouTube und Twitter eine enorme Herausforderung für deren Ambitionen im Live-Sport. Vor allem außerhalb des weit überdurchschnittlich profitablen Werbemarkts der USA, wie bei dem Erwerb von nationalen Übertragungsrechte an dem Premium-Produkt "English Premier League" der Fall ist, wird man Unternehmen mit einem singulären Erlösstrom auch in absehbarer Zukunft nicht ernsthaft um die hochpreisigen Medienrechte bieten sehen. Der weitaus höhere Umsatz pro Nutzer (Average Revenue per User) in Nordamerika im Vergleich zu Europa bei werbebasierten Plattformen wie Facebook (Umsatz-Multiplikator "Nordamerika-Europe": 3x) zeigt den drastischen Unterschied zwischen den beiden Werbeumfeldern.


  • Sowohl für die Refinanzierung über Werbeeinnahmen als auch für das Abonnement-Model ist die Konzentration der insgesamt 20 Spiele auf lediglich zwei Spieltage sehr nachteilig: Vor allem die Werbefinanzierung sehe ich hier stark benachteiligt, da sich die Zuschauer zwangsläufig auf eine Vielzahl an parallel stattfindenden Spielen aufteilen und allgemein weniger exklusive Übertragungsfenster existieren. In Zeiten von Tausend-Kontakt-Preisen und ähnlichen zugrundeliegenden Währungen im Werbemarkt, wäre beispielsweise ein Spiel pro Woche - wie mit dem (nicht-exklusiven) NFL-Spiel am Donnerstagabend über insgesamt elf Wochen - deutlich attraktiver für diese digital-only Plattformen gewesen. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass sich letztendlich lediglich das Unternehmen mit dualen Revenue-Model als Interessent hervorgetan hat. Aus diesem Grund hatte ich zuletzt sogar die digital-only Player Eleven Sports und DAZN größere Chancen eingeräumt, das Abonnementgebühren eine weitaus ertragreichere Einnahmequelle im Vergleich zu Werbeschaltungen darstellen. Auf der anderen Seite denke ich nicht, dass man der Premier League diesbezüglich bei der Zusammenstellung der Rechtepakete einen großen Vorwurf machen kann: Es darf nicht vergessen werden, dass der Konsum von Live-Sport über internetbasierte OTT-Plattformen auf die komplette Gesellschaft betrachtet weiterhin einen absoluten Nischenkanal darstellt. Alternativ hätte man ein Rechtepaket an Amazon vergeben können, welches beispielsweise eine Partie pro Spieltag beinhaltet hätte. Damit wäre man bei nahezu der gleichen Anzahl an Spielen wie in den Rechtepaketen F & G (38x vs. 40x Spiele) gelandet, hätte diese jedoch gleichmäßig über die Saison verteilt. Allerdings denke ich, dass man in diesem Fall mit enormer Kritik von dem älteren und weniger digital-affinen Anteil der Fans konfrontiert gewesen wäre - vor allem, wenn man sich wöchentlich das Recht auf ein attraktives Match-Up (z.B. Zweit- oder Drittwahl) hätte sichern können. Der große und enorm wichtige Unterschied im Vergleich zu den auch für die nächsten beiden Jahre gesicherten Übertragungsrechten an den Donnerstagsspielen in der NFL ist natürlich die Exklusivität. Die soeben erwähnte Zielgruppe wird dort auch bis mindestens zur Saison 2022 das wöchentliche Spiel auf dem linearen Kanal von FOX sehen können - zusätzlich zu Amazon Prime Video.




Zudem hätten weitere sport-dedizierte OTT - Plattformen die Übertragungsrechte an der EPL als Ankerrecht für den Eintritt in den umkämpften, aber überaus attraktiven Sportmarkt in Großbritannien nutzen können. Schlussendlich werden aus Sicht der Verantwortlichen der EPL wohl vor allem die folgenden beiden Faktoren gegen einen Erwerb eines Rechtepakets durch einen zweiten digital-only Player gesprochen haben: Zum einen hätte ein weiterer Lizenznehmer neben Sky UK, BT Sports und Amazon zu einer weiteren Fragmentierung der britischen Medienlandschaft im Sport geführt und ein weiteres Abonnement für den Konsumenten bedeutet.




Im konkreten Fall der Premier League kommt man mit den benötigten Abonnements für Amazon Prime (£79,00 pro Jahr), Sky Sports und BT Sport in Folge des nun abgeschlossenen Vergabeprozesses auf ungefähr £100,00 pro Monat. Möchte man allerdings lediglich bei Sky UK weitere Sportarten (z.B. Formel 1, Cricket, Golf) sehen, kommen schnell weitere monatliche Kosten im mittleren zweistelligen Bereich hinzu. Bereits jetzt mehrt sich die Kritik an dieser Entwicklung und dabei hatte man doch mit dem voranschreitenden "Unbundling" der umfangreichen Pay-TV Pakete, die oftmals eine Vielzahl an Sendern oder Programminhalten beinhalten, an denen der Kunde eigentlich gar kein Interesse hatte, den Konsumenten als großen Gewinner identifiziert. Zu der Zukunft des traditionellen Pay-TV im Sport hatte ich mich zuletzt bereits umfangreich geäußert. Vor allem mit dem Aufkommen immer neuer OTT-Plattformen und der allgemeinen Zunahme an Lizenznehmern im Sport stellt sich daher die Frage, ob der Kunde wirklich der große Gewinner ist. Es ist meiner Meinung nach nur eine Frage der Zeit, bis mit dem Aggregieren dieser Abonnements für Streaming-Plattformen und einem "All-in-One" - Angebot ein neues attraktives Geschäftsmodell geboren sein wird. Eine ähnliche Entwicklung ist mit den digitalen Abonnements im Print-Bereich bereits seit Monaten zu beobachten.

Neue Verteilung der Medienerlöse aus der Auslandsvermarktung mit dem Start der neuen Rechteperiode

Davon abgesehen haben die Vereine der Premier League nach monatelangem Hin und Her in der vergangenen Woche zudem entschieden, dass mit dem Start der neuen Rechteperiode auch die Einnahmen aus der internationalem Vermarktung der Medienrechte vermehrt nach dem Leistungsprinzip (d.h. Tabellenposition) verteilt werden sollen. Da die "First-to-Last" - Ratio jedoch auch zukünftig nicht das Verhältnis von 1.8:1 übersteigen soll und damit in einer nur minimal "ungleichmäßigeren" Distribution der Einnahmen resultieren wird, wird die Premier League (bislang ca. 1,6:1) auch weiterhin die "fairste" Verteilung im Vergleich der europäischen Topligen aufweisen.


Im Rahmen der Bildung der Premier League im Jahr 1992 suchten die führenden Mannschaften in Großbritannien, die damals bereits unzufrieden mit der finanziellen Subventionierung der kleineren Mannschaften waren, nach "mittelgroßen" Mannschaften, die den Rest der neuzugründenden Liga bilden sollten. Die zu diesem Zeitpunkt nahezu irrelevante Auslandsvermarktung war dabei eine geeigneter "Bargaining - Chip", den man seitens der Top-Mannschaften bereit war, leichtfertig abzugeben. Besonders in den letzten Jahren haben die internationalen Märkte - vor allem China und die USA - jedoch enorm an Bedeutung gewonnen und mit der jetzigen Entscheidung konnte man diesen "Fehler" aus der Vergangenheit wieder ausbaden. Meiner Meinung nach waren die von den Top-Clubs hervorgebrachten Argumente auch absolut nachvollziehbar:



Ein Argument dafür, dass diese Entscheidung besonders für das Tabellenmittelfeld und die allgemeine Attraktivität der Premier League nicht nur negative Folgen haben muss, habe ich bereits damals, als die ersten Gerüchte über eine potenzielle Änderung bei dem Verteilungsschlüssel auftauchten, versucht zu machen.


Take-Away: Auch wenn die Ligue 1 nun ihren enormen Anstieg aus der medialen Rechtevermarktung, welcher in der Vergangenheit bereits in Großbritannien und Deutschland zu beobachten war, realisieren konnte, lässt sich jedoch ein beunruhigender Trend zu beobachten: Langfristig sind diese Preisanstiege auf dem nationalen Markt nicht aufrechtzuerhalten. Während die Premier League zwar weiterhin der Krösus unter den europäischen Top-Ligen bleiben wird, konvergieren diese nationalen Vermarktungserlöse scheinbar mit der Zeit. Vor allem die spanische La Liga und die englische Premier League schauen aufgrund des ausgereizten Monetarisierungspotenzials auf dem Heimatmarkt daher im aktuellen Ausschreibungsprozess zwangsläufig über die nationalen Grenzen hinaus, um das Umsatzwachstum aufrechterhalten zu können.


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Vor einigen Tagen ist zudem endlich mein E-Book mit dem Titel "Auswirkungen der Digitalisierung auf den Sportrechtemarkt in Deutschland" erschienen: ein kompletter Deep-Dive in den Kampf zwischen OLD - vs. NEW - Media um die größten Live-Sportveranstaltungen der Welt, die neben dem News-Format als einziges Genre dem Trend des On-Demand Konsums von Videoinhalten ("Netflixization") standzuhalten scheint. Alles Informationen zum Buch gibt es hier.

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