#24 Vorwärts- und Rückwärtsintegrationen: Teams werden Medienunternehmen und Medienunternehmen zu In
Der "Sports Broadcasting Market" befindet sich im Umbruch und zukünftig könnte nach den Rechtehändlern auch die Position der klassischen Medienunternehmen bzw. deren Rolle als traditionelle Lizenznehmer in Gefahr sein.
Das Interesse der New York Yankees am Rückkauf des YES Networks im Rahmen des Wettbietens zwischen Disney und Comcast um einen Großteil der Assets von 21st Century Fox ist nur ein weiterer Beleg für die Transformation von Sportorganisationen zu eigenen Medienunternehmen.
Ähnliche Ambitionen waren zuletzt bei Manchester United, dem FC Liverpool und den San Francisco 49ers zu beobachten und könnten als neuer Werttreiber bei der Bewertung von Sports-Franchises dienen.
Potenzielle Interessenten an den zum Verkauf stehenden Regional Sports Networks in den USA gibt es jedoch viele und neben Sportorganisationen könnten auch Vertreter aus dem "New Media" - Bereich sowie Sportwettenanbieter als ernsthafte Bieter in Erscheinung treten.
Während andere Medienunternehmen zunehmend durch Sportorganisationen ersetzt werden könnten, bleiben externe Distributionsplattformen sowohl aus dem linearen als auch digitalen Bereich essentiell für den Erfolg solcher hauseigenen Bewegtbildinhalte.
Die Wertschöpfungskette des "Sports / Media" - Komplexes steht vor einem Wandel im digitalen Zeitalter: In der Vergangenheit haben originäre Rechteinhaber wie Sportverbände (z.B. FIFA, DFL, IAAF), private Sportorganisationen (z.B. NFL, WWE, UFC) und Vereine über die Zentralvermarktung durch ihre jeweiligen Ligen (z.B. Bundesliga, Premier League, Serie A) die Einnahmen aus der Vermarktung von audiovisuellen Verwertungsrechten an lineare Fernsehsender mit offenen Armen entgegengenommen. Für eine lange Zeit dominierten die Einnahmen aus den Ticketverkäufen und dem Sponsoring jedoch weiterhin die Umsatzverteilung im Sport. Besonders mit dem Aufkommen privater Rundfunkanstalten und sogar sportdedizierter Spartensender zum Ende der 1970er Jahre in den USA und in der Mitte der 1980er Jahre in Europa entwickelte sich die Vermarktung der Übertragungsrechte jedoch zu einem zunehmend attraktiven Geschäft für die originären Rechteinhaber. Da die Akquisitionskosten bis zu diesem Jahrzehnt jedoch lediglich ein moderates Wachstum erlebten, entwickelte sich eine durchaus symbiotische Beziehung zwischen dem Sport und der Medienindustrie: Der Sport profitierte von den Medienpartnern aus dem linearen TV durch deren Rolle als medialer Multiplikator, der dem Sport eine enorme Reichweite und gesellschaftliche Aufmerksamkeit bescherte. Andere Einnahmequelle der Sportorganisationen wie Ticketverkäufe und Sponsoringmandate profitierten zwangsläufig von der erhöhten Sichtbarkeit des Sports. Für die lizenznehmenden Fernsehsender diente das massenfähige Sportprogramm hingegen oftmals als Mittelpunkt der eigenen Programmstrategie: Besonders neue, wenig etablierte Free-TV Sender verfolgten - mit dem Ziel einer unmittelbaren gesellschaftlichen Akzeptanz und Reichweite - von Beginn an aggressiv die Akquisition von Übertragungsrechten im Sport. Für Pay-TV Anbieter diente die Übertragung von hochklassigen Sportveranstaltungen hingegen als größtes Kaufargument ("Must-Have") gegenüber den Kunden. Mit steigender wirtschaftlichen Bedeutung des Segments "Media Rights" wurde eine Professionalisierung dieses Marktes notwendig und das zunächst äußerst profitable Geschäftsmodell der Sportagenturen in der Rolle des Intermediäres, der die beiden Parteien zusammenbrachte, war in den 1990er Jahren geboren.
"Sports/Media" - Komplex im Umbruch und neue Interessenskonflikte im digitalen Zeitalter
Bis vor wenigen Jahren und vor der Explosion der gezahlten Rechtesummen handelte es sich bei dieser Marktkonstellation auch um eine symbiotische Beziehung mit Vorteilen für alle involvierten Parteien. In den letzten Jahren hat sich dies jedoch geändert: Auf die schwindende Bedeutung von intermediierenden Sportagenturen wurde bereits im Blog #19 ("Rechteagenturen im Sports Business: Vom Rechtehändler zum Dienstleister") eingegangen. Dieser Trend wird besonders von den originären Rechteinhabern vorangetrieben, die zunehmend an einer direkten Geschäftsbeziehung mit den lizenznehmenden Medienunternehmen interessiert sind: Auf die ehemaligen Wettbewerbsvorteile der Agenturen (z.B. internationales Netzwerk, Skalen-/Mengeneffekte, Expertise bzw. Wissensvorsprung) ist man durch die Professionalisierung auf Seiten der ORIs weniger als in der Vergangenheit angewiesen, um die finanziellen Einnahmen zu maximieren. Vor allem bei den reichweitenstarken Sportveranstaltungen im Premiumsegment überschreitet die Nachfrage durch die lizenznehmenden Medienunternehmen das Angebot. Letzteres wird durch die originären Rechteinhaber zudem teilweise künstlich verknappt, sodass ein komplettes Fehlschlagen des Vermarktungsprozesses mittlerweile deutlich unwahrscheinlicher als zu Beginn des Jahrtausends ist. In diesem Fall bietet die Rolle der Intermediäre nur begrenzten Mehrwert und diese zusätzliche Partei in der Wertschöpfungskette wirkt sich letztendlich lediglich negativ auf die Marge der ORIs aus.
Ein direkter Vergabeprozess an die letztendlichen Lizenznehmer hat zudem weitere Vorteile: Kontrolle über die Auswahl der Lizenznehmer, Einfluss auf die Präsentation des eigenen Produkts und die Ermöglichung einer nachhaltigen Marktentwicklung sind dabei sicherlich an erster Stelle zu nennen. Aus diesem Grund sehe ich beispielsweise auch die Hauptschuld an dem zuletzt fehlgeschlagenen Vermarktungsprozess für die nationalen Übertragungsrechte an der italienischen Serie A bei der Liga: Diese hatte sich anders als die anderen führenden Ligen im europäischen Fußball für die Komplettvergabe aller ausgeschriebenen Rechtepakete an die MediaPro Group entschieden. Diese war anschließend damit beauftragt, in der Rolle des Rechtehändlers die letztendlichen Verwerter der Übertragungsrechte (z.B. Sky Italia, DAZN, beIN Sports, Fox Sports Italia) zu identifizieren. Die Serie A hatte zu diesem Zeitpunkt jedoch jegliche Kontrolle über den Vergabeprozesses und Verwertung ihres Produkts verloren.
Nun stellt sich allerdings die Frage, ob die originären Rechteinhaber noch aggressiver mit ihrer Vorwärtsintegration entlang der Wertschöpfungskette werden wollen und vermehrt sogar die direkte Beziehung zum Endkonsumenten suchen: Das Ergebnis wäre eine erhöhte Gefahr der Disintermediation für die klassischen Medienunternehmen, die als traditionelle Lizenzverwerter bislang die Produktion, journalistische Aufbereitung und vereinzelt sogar mediale Distribution der Sportveranstaltungen übernahmen. Die aktuellen Entwicklungen in der Medienlandschaft machen diesen "medialen Multiplikator der Vergangenheit" jedoch zunehmend entbehrbar.
New York Yankees (Originärer Rechteinhaber) wollen YES Network (Distributionskanal) zurückkaufen
Ein passendes Beispiel für die neuen Ambitionen auf Seiten der originären Rechteinhaber lässt sich derzeit in Nordamerika beobachten: Im aktuellen Wettbieten um einen Großteil der Assets von 21st Century Fox (u.a. Filmstudio 20th Century Fox, TV-Channels National Geographic und FX, indische Pay-TV Network STAR TV und britische Pay-TV Network Sky Group sowie der Anteil von 30% an Hulu) zwischen The Walt Disney Company (= Content Creator) und dem vertikal integrierten Comcast - Konzern (= Content Creator + MVPD) scheinen vor allem die insgesamt 22 Regional Sports Networks (z.B. Fox Sports Midwest / North / Southwest / Wisconsin) zum Weiterverkauf zur Verfügung zu stehen, um kartellrechtlichen Bedenken zuvorzukommen. Auch wenn die Murdoch-Familie rund um Patriarchen Rupert Murdoch, die aufgrund der dualen Aktionärsstruktur bei 21st Century Fox trotz lediglich 17% der Aktien insgesamt 39% der Stimmrechte besitzen, das Angebot von Disney unabhängig von der Höhe des jeweiligen Gebots bevorzugen soll, steht der endgültige Sieger noch nicht fest:
Dezember 2017
The Walt Disney Company: USD 52,4 Mrd. ➡️$28,00 pro Aktie
Juni 2018
Comcast: USD 65 Mrd. in All-Cash ➡️$35,00 pro Aktie
The Walt Disney Company: USD 71,3 Mrd. in All-Stock ODER 50% Cash/50% Stock ➡️ $38,00 pro Aktie
Auch wenn derzeit sowohl die finanzielle als auch persönliche Komponente deutlich für das nachgebesserte Angebot von Disney (ursprünglich USD 52,4 Mrd. im Dezember 2017) spricht, impliziert das Premium des aktuellen Aktienpreises ($48.35 am Freitagabend, den 22. Juni 2018) im Vergleich zum letzten Disney-Angebot, dass noch ein höheres Angebot durch Comcast als Reaktion auf die Nachbesserung durch Disney erwartet wird. Dementsprechend war ein Bericht des Wall Street Journals am darauffolgenden Montag (25. Juni 2018) auch nicht überraschend, dass das Medienkonglomerat aus Philadelphia, welches u.a. den Lizenznehmer für die spanischsprachigen WM-Übertragungsrechte in den USA (Telemundo, USD 600 Mio. für die WM 2018 & 2022) im Sender-Portfolio hat, nach weiteren Geldgebern suchen soll, um schlussendlich ein Angebot im Bereich von USD 90 Mrd. abgeben zu können. Interessanterweise soll man dabei zur Finanzierung des Deals bereit sein, einen weiteren Investor an Bord zu holen, der einen Teil der Fox-Assets (u.a. Filmstudios, Regional Sports Networks) übernehmen soll. Dieser Bericht verdeutlicht nochmals, dass der paneuropäische Pay-TV Sender Sky PLC, das indische Pay-TV Network STAR India sowie der Besitzanteil an dem Virtual MVPD Hulu (30%) im Zentrum des Interesses von Comcast (und Disney) stehen. Auch die Börsianer haben wahrscheinlich wieder einmal mehr gewusst: Die FOXA - Aktie scheint nicht grundlos weiterhin zu einem Premium von ca. 25% über dem letzten Angebot von Disney gehandelt zu werden. Von dem aktuellen Premium (ca. $10,00 = Aktueller Aktienpreis - Angebot von Disney) entfallen laut einer Analyse von Barrons ca. $8,30 auf "NEW FOX", welches vor allem aus dem FTA-Network von FOX sowie den kostenpflichtigen Kabelsendern Fox News, Fox Business sowie Fox Sports 1 und Fox Sports 2 bestehen wird. Damit wird die Aktie jedoch weiterhin zu einem Premium von ca. 4% gehandelt, sodass man offensichtlich von einem weiteren Gegenangebot durch Comcast ausgeht. Als Deadline sollte dabei sicherlich der 27. Juli dienen: An diesem Tag stimmen die Aktionäre von 21st Century Fox (FOXA) über die Annahme des aktuellen Angebots von der The Walt Disney Company ab - 39% dieser Stimmrechte liegen wie gesagt bei der Murdoch - Familie.
Wie sich aus diesen übrig gebliebenen Assets ("NEW FOX") erkennen lässt, soll der Fokus in Zukunft auf dem Sport- und Nachrichtenformat liegen. Diese Segmente wurden anscheinend als wenig anfällig gegenüber der von Netflix gestarteten "On-Demand" - Kultur im Bewegtbildbereich identifiziert, da diese womöglich auch weiterhin als Live-Erlebnis konsumiert werden.
Obwohl das Wettbieten also aller Voraussicht nach noch nicht beendet ist, haben beide Bieter die Veräußerung einiger oder aller RSNs in Aussicht gestellt und ein kompletter Verkauf aller 22 RSNs wurde mittlerweile zumindest im Fall des Angebots von The Walt Disney Company durch die nordamerikanische Kartellbehörde (Department of Justice) auch als einzige Bedingung für die Übernahme der ausgewählten Assets gestellt. Ein wahrscheinliches Szenario im Moment ist sogar, dass der Verlierer des vermuteten Wettbietens die RSNs akquirieren würde. Die RSNs sollen laut Guggenheim Securities rund 33% des Gesamtwerts der verkauften Fox-Assets ausmachen. Jene 22 RSNs besitzen lokale Übertragungsrechte, die unabhängig von den nationalen Übertragungsrechten (z.B. ESPN und Turner Sports in der NBA) vergeben werden, an insgesamt 44 professionellen Sports-Franchises aus beispielsweise der NBA, MLB und NHL in den USA. Komplett konkurrenzlos sollte der Verlierer zwischen Disney und Comcast allerdings nicht sein, denn zumindest für das YES Network, das größte Regional Sports Network im größten Medienmarkt der USA, hat ein Vertreter unter den Sportmannschaften bereits Interesse angemeldet: Die New York Yankees sollen großes Interesse an dem Erwerb des Networks, welches neben den New York Yankees alle Saisonspiele der Brooklyn Nets und des New York City FC aus der Major League Soccer im Großraum des "Big Apples" überträgt, haben.
Kurios daran ist, dass die New York Yankees (via Yankee Global Enterprises) ursprünglicher Gründungspartner (zusammen mit den New Jersey Nets) und vor dem Verkauf an 21st Century Fox der Alleineigentümer des Yankees Entertainment and Sports (YES) Networks waren: FOX erwarb jedoch zunächst im Jahr 2012 einen Anteil von 49% am YES Network zu einer zugrundeliegenden Bewertung des Enterprise Values von USD 3,0 Mrd. und steigerte den Besitzanteil um weitere 39% auf dann 80% als man zwei Jahre später eine Kaufoption zu einer Bewertung von USD 3,9 Mrd. zog.
Durch ein vertraglich festgeschriebenes Rückkaufrecht der New York Yankees im Fall eines anstehenden Besitzerwechsel des YES Networks, sollte das größte RSN relativ schnell vom Markt sein. Die MLB-Franchise, die aktuell bereits die übrigen 20% der Besitzanteile innehaben, müsste lediglich "Fair Market Value" zahlen um dieses Vorkaufsrecht wahrzunehmen. Jedoch befinden sich auch unter den anderen RSNs wertvolle Assets, die für theoretisch jedes kostenpflichtige Medienangebot in den USA als "Abonnenten- und Umsatztreiber" dienen könnten. Obwohl die RSNs aufgrund der regional beschränkten Distribution auf nationaler Ebene wahrscheinlich etwas unter dem Radar fliegen, können diese Sender aufgrund des attraktiven Angebots im Bereich des Live-Sports enorme "Carriage Fees" von linearen sowie OTT - Distributionsplattformen verlangen: Die RSNs gehören nämlich zu den teuersten "Content Creator" auf der „Preisliste“ für die kostenpflichtigen Sender in den USA: Das YES Network in New York ($6,50), Fox Sports Detroit ($6,41) und Fox Sports Arizona ($5,20) müssen sich diesbezüglich beispielsweise nur dem Hauptsender von ESPN geschlagen geben und rangieren damit deutlich vor Sender aus anderen Genres wie dem Disney Channel ($1,61) oder dem Fox News Channel ($1,55).
In dem ersten OFFTHEFIELDBUSINESS - Report ("ESPN: Der Sport-Gigant auf dem amerikanischen TV - Markt") gehe ich u.a. detailliert auf die Ökonomie des dortigen Medienmarkts und die Unterschiede im Vergleich zum deutschen Markt ein: Die "Einspeisegebühr" kennt man dort nämlich nicht. Stattdessen werden die Sender sogar durch die Distributionsplattformen durch die sogenannten "Carriage Fee" vergütet. Einen kleinen Preview zum Thema "Einspeisegebühr vs. Carriage/Retransmisson Fee findet Ihr hier. Den kompletten Report gibt es komplett kostenlos, wenn Ihr Euch für meinen Blog-Alert auf der Startseite anmeldet.
Das Interesse der NY Yankees, eine weitere Stufe der Wertschöpfungskette zu übernehmen, kommt vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in der "Sports Media Landscape" (z.B. Unbundling des umfangreichen Pay-TV Pakets, Streben nach direkten Kundenbeziehungen, Demokratisierung der Medien) sicherlich nicht überraschend und auch nicht beispiellos: Vor allem Vereine und Ligen (d.h. originäre Rechteinhaber) haben in jüngster Vergangenheit vermehrt versucht, sich als Medienunternehmen in der Rolle des Lizenznehmers und -verwerters zu positionieren: MUTV (Manchester United) und Liverpool TV (Liverpool FC) mit dem Erwerb von Freundschaftsspielen in Vorbereitung auf die WM in Russland, die San Francisco 49ers mit der Übertragung der anstehenden Pre-Season Spiele zur kommenden Saison auf der eigenen digitalen Plattform in Kooperation mit dem lokalen RSN KPIX-CBS sowie der Start eines eigenen TV-Senders durch den portugiesischen Fußballverband sind Beispiele aus den vergangenen Wochen.
Aus diesem Grund sollte es nicht verwunderlich sein, wenn neben dem Verlierer zwischen Disney und Comcast sowie weiteren potenziellen Interessenten wie CBS (CBS Sports HQ), Turner Sports (B/R Live) oder Google (YouTube TV: Seattle Sounders & Los Angeles FC aus der MLS als erste Beispiele), die auf der Suche nach "Abonnenten-Treiber" für kürzlich gestartete OTT-Angebote sind, auch andere Sportvereine Interesse an den lokalen Sportsendern anmelden. Am Beispiel des YES Networks lässt sich zudem erkennen, dass die Bewertung von RSNs (CAGR: 4,9%) in den letzten Jahren grundsätzlich hinter der Wertentwicklung der Sports-Franchises (CAGR: 13,7%) zurückgeblieben ist. Letztere beruhte zuletzt vor allem auf die explodierenden Einnahmen aus der Vermarktung von medialen Verwertungsrechten. Ein Abflachen des Umsatzwachstums in diesem Segment ist derzeit jedoch großflächig zu beobachten (z.B. Premier League, Serie A) und die Übernahme weiterer Wertschöpfungsaktivitäten in Bereich der Medien könnte potenziell als neuer Treiber der Franchise-Bewertungen dienen.
Jedoch sollte man auch zunächst unwahrscheinlich erscheinende Marktteilnehmer nicht als potenzielle Bieter für die zum Verkauf stehenden RSNs ausschließen: Vor dem Hintergrund der voranschreitenden Legalisierung von Sportwetten in den USA könnten beispielsweise Casino-Ketten (z.B. Las Vegas Sands, MGM Resorts, William Hill oder Boyd Gaming) oder Daily Fantasy - Anbieter (z.B. DraftKings oder FanDuel) als ernsthafte Bieter in Erscheinung treten. Da mittlerweile das explizite Verbot von Sportwetten auf nationaler Ebene durch die Entscheidung des Supreme Courts aufgehoben wurde, können diese nun auf der Ebene der Staaten explizit erlaubt werden. Durch die regionalen Sportsender könnte man eine entsprechende Nachfrage vor allem in Bundesstaaten, in denen Sportwetten letztendlich erlaubt werden, effektiv bedienen. Neben Nevada, die von dem seit 1992 geltenden nationalen Verbot (Professional and Amateur Sports Protection Act) dank eines sogenannten "Grandfahtering" ausgeschlossen blieben, sollten sich in absehbarer Zukunft vor allem in Delaware, New Jersey, Mississippi, West Virginia, New York und Pennsylvania lukrative und legale Märkte bilden. Auch die ebenfalls von der Disintermediation bedrohten Sportagenturen wie IMG und CAA sollten diesbezüglich sicherlich nicht vergessen werden.
Traditionelle Lizenznehmer als große Verlierer der gestiegenen Ambitionen der originären Rechteinhaber
Ebenso wie in der Vergangenheit für die klassischen "Content Creator" aus dem Pay-TV Bereich (z.B. Eurosport, ESPN, Fox Sports, beIN Sports) würde sich für ein RSN, welches sich im Besitz einer Sports-Franchise befindet, die Frage nach einer möglichst großflächigen und finanziell attraktiven Distribution stellen: Obwohl das Wunschszenario für die Sports-Franchises sicherlich die exklusive Distribution über eine eigene OTT-Plattform wäre, kann die Gefahr einer vollständigen Disintermediation der aggregierenden Distributionsplattformen anders als im Fall der "Content Creator" als begrenzt angesehen werden. In diesem Zusammenhang liegen die Gründe dafür noch nicht mal in der technologischen Machbarkeit und viele originäre Rechteinhaber aus dem nordamerikanischen Sport experimentieren bereits mit einem solchen hauseigenen D2C - Service. Das "digital-only" WWE Network von World Wrestling Entertainment, welches als exklusiver Distributionskanal für die monatlichen Großveranstaltungen (ehemals: Pay-Per-Views) wie Wrestlemania und SummerSlam dient, ist diesbezüglich sicherlich einer der Vorreiter in Nordamerika. Dank dieser zweigleisigen Distributionsstrategie wird die Wrestling-Promotion ab dem kommenden Jahr nicht nur einen milliardenschweren Deal mit dem linearen Fernsehen in den USA für die wöchentlichen Shows "Raw" (USD 240 Mio. pro Jahr für Raw von NBC Universal) und "SmackDown" (USD 200 Mio. pro Jahr für SmackDown von FOX) haben, sondern auch 1,56 Millionen Abonnenten des eigenen OTT-Angebots. Diese zahlen für das monatlich kündbare Abonnement des WWE Networks $9,99 pro Monat. Dank dieser dualen Strategie konnte man einen weiteren Erlösstrom etablieren, der aus Sicht der monetären Werthaltigkeit sogar mit dem aktuellen Deal mit NBC Universal (Raw & SmackDown für ca. USD 160 Mio. pro Jahr für die Jahre 2014 bis 2019) mithalten kann. Neben der exklusiven Live-Übertragung der monatlichen Großveranstaltungen dient eigenproduzierter Content ("Originals") als Anreiz zum Abschließen des monatlich kündbaren Abonnements. Der Push des WWE Networks bei gleichzeitigem Schutz der Exklusivität für das lineare Fernsehen (oder sonstige externe Lizenznehmer) für bestimmte Programminhalte ist sicherlich ein Blueprint für die separate Monetarisierung der Verwertungssysteme "Streaming" und "Traditional TV", den auch andere originäre Rechteinhaber in Zukunft verfolgen könnten.
Internes technologischen Know-How ist für einen derartigen Erfolg, der sich in dem Verfünffachen des Aktienpreises (WWE) seit der Ankündigung des WWE Networks im Januar 2014 widerspiegelt, nur begrenzt notwendig. Stattdessen verließ man sich auch bei dem Unternehmen aus Stamford, Connecticut auf externe Backend-Anbieter. George Barrios (Chief Strategy & Financial Officer @ WWE) fasst die Situation vieler Sportorganisationen mit der Ambition des Starts eines eigenen OTT-Angebots passend zusammen: „We looked at what it would take to build in-house, and compared that to what BAMTech Media could deliver. In the end it made a lot more sense to let them bring their technology expertise to bear, and focus on what we do best, which is creating great content and connecting with wrestling fans.“ Auch wenn die Anzahl der unabhängigen White-Label Anbieter für OTT-Lösungen aufgrund von starken Konzentrationsbewegungen in der Industrie abnimmt, sollten Unternehmen wie Sportradar (u.a. EHF European Handball Federation, IHF International Tennis Federation) und BAMTech Media (u.a. MLB.TV, HBO Now, NHL.TV, WWE Network) auch zukünftig für weitere externe Partnerschaften offen sein.
Andere Sportorganisationen wie die NFL (NFL League Pass), NBA (NBA Game Pass) und MLB (MLB.TV) haben ebenfalls populäre OTT-Angebote, verfolgen jedoch auf dem Heimatmarkt, der für originäre Rechteinhaber im Sport weiterhin das mit Abstand größte Umsatzpotenzial für die mediale Vermarktung darstellt, noch deutlicher eine zweigleisige Strategie, die die Kannibalisierung des Angebots der nationalen Medienpartner limitieren soll: Live-Übertragungen auf diesen D2C - Services findet man zumeist nur in Territorien außerhalb des Heimatmarktes. Dieser Ansatz unterstützt die umfangreiche Bedienung von ausländischen Hardcore-Fans in Zeiten einer vergleichsweise dürftigen Angebotsabdeckung durch externe Medienpartner, eine Marktentwicklung für eine aggressivere Monetarisieung durch die steigende Nachfrage von ausländischen Lizenznehmern in der Zukunft sowie eine Kompensation für teilweise extreme Zeitunterschiede durch eine Verfügbarkeit der Inhalte in voller Länge auf Abruf. Daher sucht man beispielsweise in den USA Live-Übertragungen auf dem NFL Game Pass zum Schutz der externen Lizenznehmer CBS, ESPN, FOX und CBS auf dem Heimatmarkt (hier: USA) vergebens. Ein interessantes Projekt im europäischen Fußball findet man diesbezüglich aktuell jedoch in Großbritannien: Dort bietet die English Football League, welches die zweite bis vierte Liga in Großbritannien umfasst, seit der vergangenen Saison nicht nur seinen ausländischen Fans, sondern auch den einheimischen Zuschauern alle Spiele gleichzeitig zum Programm auf dem externen Lizenznehmer Sky Sports, die zukünftig GBP 120 Mio. pro Jahr bis zur Saison 2023/24, über die eigene OTT-Plattform als Live-Übertragung an.
Neben dem Ziel, die Werthaltigkeit des lukrativen Heimatmarkts aufrecht zu erhalten, ist eine exklusive Distribution über die eigene OTT-Plattform auch mit dem Ziel einer angemessenen Distribution des eigenen Programms nur schwer vereinbar: Die OTT-Technologie als Distributionskanal ist mit Blick auf die gesamte Gesellschaft weiterhin ein Nischenprodukt und Angebote wie Sky Go, der Eurosport Player und DAZN haben laut dem Branchenmagazin SPONSORs selbst unter den sportinteressierten Zuschauern in Deutschland mit enormen Bekanntheitsproblemen zu kämpfen. Dementsprechend werden auch zukünftig externe, reichweitenstarke Distributionsplattformen - sowohl aus dem Bereich von "OLD" als auch "NEW" Media - essentiell für vereins-, liga- oder organisationseigene Sender sein, um eine ansprechende Erreichung aller Zielgruppen unter den Fans sicherzustellen. Auch eine komplette Verschiebung zu digitalen Distributionsplattformen ("NEW" Media) wie YouTube TV, Hulu oder Sling TV ist daher aufgrund der komplett unterschiedlichen Konsumentengruppen im Vergleich zum traditionellen Kabel- und Satellitenfernsehen unwahrscheinlich. Daher wird es beispielsweise in den USA auch zukünftig Kunden geben, die durchschnittlich $106,00 pro Monat für das umfangreiche Pay-TV Paket zahlen werden. Ein freiwilliges Verzichten seitens der originären Rechteinhaber auf diese vor allem in Nordamerika weiterhin äußerst attraktive Vermarktung an die Distributionsplattformen (d.h. MVPDs & Virtual MVPDs) und gleichzeitige Maximierung der Distributionsfläche würde enorme finanzielle Einbußen bedeuten. (Stichwort: Carriage Fee) Daher sollte die Gefahr der Disintermediation dieser Plattformen sehr gering sein. Die vor einigen Tagen verkündete Distributionspartnerschaft zwischen Amazon und BT Sport in Großbritannien ist sinnbildlich für diesen Umstand: Nachdem sich ein "digital-only" Lizenznehmer endlich exklusive Übertragungsrechte im Premiumsegment des Sports sichern konnte, war einer der ersten Maßnahmen, eine ergänzende Distribution über einen linearen Kanal zu gewährleisten. Den öffentlichkeitswirksamen Beschwerden der weniger digital-affinen Fans des Fußballs (u.a. Premier League) und des Tennissports (u.a. ATP World Tour, US Open) wird man damit seitens Amazons wohl aus dem Weg gegangen zu sein.
Auch wenn die OTT-Technologie noch nicht im gesellschaftlichen Mainstream angekommen ist, lässt sich deren wachsende Bedeutung an zahlreichen Statistiken belegen: Ein Marktwachstum von derzeit USD 20,1 Mrd. (2017) auf USD 30,6 Mrd. bis 2022 (CAGR: 8,8%) und das Abonnieren von 85% der US Millennials von mindestens einem OTT-Service sind zumindest schlagkräftige Argumente für diese These.
Fazit: Externe Distributionsplattformen weiterhin essentieller Bestandteil der Wertschöpfungskette
Abschließend kann man festhalten, dass nicht nur für neue lizenznehmenden OTT-Plattformen wie DAZN oder ElevenSports, sondern auch für die originären Rechteinhaber selbst die Markteintrittsbarrieren durch die Demokratisierung der Medien enorm gesunken sind. Besonders die traditionellen Lizenznehmer aus dem linearen Fernsehen könnten langfristig gesehen die großen Verlierer sein und dem Schicksal der intermediierenden Rechteagenturen folgen. Sowohl aus finanzieller als auch gesellschaftlicher Sicht haben die medialen Distributionsplattformen hingegen weniger zu befürchten und werden auch zukünftig essentieller Bestandteil der Wertschöpfungskette im "Sports Broadcasting Market" bleiben. Gleichzeitig muss man jedoch auch berücksichtigen, dass weitere Faktoren wie beispielsweise kartellrechtliche Hürden einer exklusiven Eigenverwertung durch originäre Rechteinhaber im Premiumsegment des Sports in diesem Beitrag nicht weiter betrachtet wurden. Dass die originären Rechteinhaber trotz einer eigenen Nutzung der medialen Verwertungsrechte die aktuellen produktionstechnischen und redaktionellen Standards zumindest aufrechterhalten wollen und ernsthafte Ambitionen haben, sich selbst als Medienunternehmen zu positionieren, zeigt jedoch beispielsweise das "Media Center" im neuen Trainingsgelände der Minnesota Vikings aus der NFL.
Ein neuer Versuch der Rückwärtsintegration durch die traditionellen Lizenznehmer?
Die klassischen Medienunternehmen – und insbesondere die in vielen Märkten dominierenden und international operierenden Pay-TV Anbieter (z.B. Fox Sports, ESPN, Sky Sports) – als traditionelle Verwerter der Medienrechte hatten die potenzielle Gefahr einer Disintermediation bei gleichzeitigem Bedeutungszuwachs von Sportinhalten im Rahmen vieler Programmstrategien bereits in der Vergangenheit erkannt und es wurde vereinzelt versucht, Gegenmaßnahmen einzuleiten: Einer der prominentesten Versuche einer vertikalen Rückwärtsintegration durch die Übernahme eines originären Rechteinhabers durch einen Vertreter aus dem Bereich der Massenmedien oder der Kommunikationsindustrie war das Kaufangebot der britischen Sky Group für Manchester United im Jahr 2003. Aufgrund der enormen Marktdominanz einiger weniger Pay-TV Operator wurde das damalige Angebot i.H.v. GBP 623 Mio. allerdings von den britischen Kartellbehörden blockiert. Die Marktsituation hat sich mittlerweile jedoch enorm geändert und anstatt Bedenken über die dominante Stellung der traditionellen Lizenznehmer ist sogar ein komplettes Herausdrängen aus der Wertschöpfungskette wahrscheinlicher. Daher ist es durchaus vorstellbar, dass die Unternehmen wie ESPN und die Sky Group in Zukunft dem Vorbild der ebenfalls gefährdeten Sportagenturen (z.B. IMG mit Equity-Investitionen in die UFC und ELEAGUE) folgen und sich ihre Position im "Sports Broadcasting Market" langfristig durch sogenannte „Toehold Ownership Stakes“ versuchen zu sichern. Auch die weiteren Versuche einer Beteiligung von Medienunternehmen an Sportorganisationen waren in der Vergangenheit nicht von Erfolg geprägt. Falls Ihr an diesem Thema der Rückwärtsintegration interessiert seid, kann ich Euch mein E-Book "Auswirkungen der Digitalisierung auf den Sportrechtemarkt in Deutschland" empfehlen.
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