#27 Quick Hits on #SportsBiz: DAZN, beIN SPORTS, La Liga, Facebook & mehr
Quick - Hit 1️⃣ Tier 1 - Rechte als unerreichbarer Traum für DAZN in den USA
Quick - Hit 2️⃣ Modell des Intermediäres durchaus mit Mehrwert - zumindest für kleinere Sportorganisationen
Quick - Hit 3️⃣ Katarische Sender beIN SPORTS vor dem zweiten Shutdown innerhalb kürzester Zeit
Quick - Hit 4️⃣ Follow-Up zur Transformation von Sportorganisationen zu Medienunternehmen
Quick - Hit 5️⃣ Unterschiedliche Herangehensweise an die zukünftige Rolle von Wettanbietern im Sport
Quick - Hit 6️⃣ FC Barcelona als Disruptor im Merchandise - Business
Quick - Hit 7️⃣ Facebook mit ernsthaften Ambitionen auf dem Sportrechtemarkt: USA, Lateinamerika und Asien
1️⃣ Tier 1 - Rechte als unerreichbarer Traum von DAZN in den USA
Während sekundäre Sportarten in Zeiten der Digitalisierung und zunehmenden Vielfalt an medialen Unterhaltungsmöglichkeiten ("Content - Proliferation") zunehmend um die Aufmerksamkeit des Konsumenten kämpfen müssen, gelten sogenannte "Tier 1 - Rechte" oder "Premiumrechte" im Sport weiterhin als relativ immun gegenüber der "On Demand" - Kultur, die durch Netflix, Spotify & Co. etabliert wurde. Neben dem "News" - Genre ist hochklassiger Sport wohl das einzige Bewegtbildformat, welches auch weiterhin größtenteils in Echtzeit konsumiert wird. Auch wenn die medialen Verwertungsrechte zu diesen Sportveranstaltungen und -wettbewerben dementsprechend kostspielig sind, sind diese essentiell für den langfristigen Erfolg von den zahlreichen neuen, aufstrebenden OTT-Plattformen im Sportmedienmarkt: Auch wenn vor allem Nischensportarten ein Zuhause und entsprechende Distribution auf sportdedizierten Plattformen wie DAZN, Telekom Sport, Eleven Sport, FloSports, Stadium, SportsFix, ESPN+ oder B/R Live gefunden haben, wird dieser "Long-Tail" - Content nicht als nachhaltiger Abonnententreiber dienen können. Gleichzeitig sehen sich diese digital-only Player der Herausforderung gegenübergestellt, dass vor allem die populärsten originären Rechteinhaber weiterhin eine maximale Reichweite und Zuverlässigkeit der Distribution anstreben und daher zumindest zum jetzigen Zeitpunkt etablierte Medienpartner, die zwangsläufig aus dem "OLD Media" - Bereich kommen, bevorzugen. Dementsprechend werden digital-only Plattformen vor allem auf den Heimatmärkten zumindest in der Anfangszeit nicht als valide Alternative aus Sicht der originären Rechteinhaber wahrgenommen. Nichtsdestotrotz hat beispielsweise DAZN in der DACH-Region bewiesen, dass man sich innerhalb weniger Jahre gegenüber den Inhabern der absoluten Premiumrechte (z.B. Fußball-Bundesliga, UEFA Champions League) als ernsthafte Option für jene Verwertungsrechte auf exklusiver Basis positionieren kann: Nachdem man sich (dank kräftiger Mithilfe von Sky Deutschland) zahlreiche Spiele der UEFA Champions League und die komplette UEFA Europa League auf exklusiver Basis für die nächsten drei Spielzeiten sichern konnte, wird man meiner Meinung nach aufgrund der besonderen Umstände in der deutschen Pay-TV Landschaft (z.B. begrenzte Anzahl an etablierten Konkurrenten) mit Sicherheit auch ein Rechtepaket für Live-Spiele der Fußball - Bundesliga ab der Saison 2021/22 auf exklusiver Basis ergattern können. (siehe Facebook - Post)
Somit hat man also in Deutschland die Transformation vom aggressiven Herausforderer der etablierten Lizenznehmer mit zahlreichen Nischensportarten neben ein bis zwei attraktiveren Ankerrechten hin zum ebenbürtigen Konkurrenten um die wertvollsten Übertragungsrechte auf dem deutschen Sportmedienmarkt erfolgreich gemeistert.
Auch in den anderen DAZN-Märkten ist man bereits erfolgreich in dieses Premium-Segment der Übertragungsrechte vorgedrungen. In Japan machte man der J-League ein finanzielles Angebot, welches die originären Rechteinhaber nicht ausschlagen konnten: Der vor zwei Jahren geschlossene Zehn-Jahresvertrag (2017 - 2026) hat die jährlichen Erlöse für die nationalen Medienrechte um 320% im Vergleich zum vorherigen Abkommen mit Sky Perfect JSAT auf ca. USD 200 Mio. ansteigen lassen. In Italien profitierte man hingegen von einem beispiellosen Ausschreibungsprozess der Serie A und man konnte sich schlussendlich im Rahmen eines gemeinsamen Angebots mit dem nationalen Marktführer Sky Italia zahlreiche exklusive Spiele der führenden nationalen Fußball-Liga sichern. In beiden Märkten konnte man also dank der finanziellen Ressourcen in Kombination mit etwas Glück bereits zum Launch der Plattform mit "Must-Have" - Content für den lokalen Sportfan aufwarten.
Die Situation in den USA ist jedoch anders und der Weg zur validen Alternative für die originären Rechteinhaber im Premiumsegment (d.h. NFL, NBA, NHL und MLB) wird weitaus steiniger sein, da sich derzeit zudem ohnehin zahlreiche etablierte und neue Player auf dem nordamerikanischen Sportmedienmarkt versuchen zu positionieren: Abgesehen von eindeutigen Nischen-Playern wie Stadium und FloSport sind die NFL (vergeben bis 2021 bzw. 2022), NHL (bis 2021/22), MLB (bis 2022) und die NBA (bis 2025/26) die erklärten Ziele aller Marktteilnehmer. Während die NHL den wohl derzeit am meisten unterbewerteten Medienrechtevertrag unter den vier führenden US - Sportligen (NBC: USD 200 Mio. / Jahr), die oftmals unterschätzte MLB zu einem zunehmend lokalen Sport in den USA verkommt und der Vertrag der weiterhin expandierenden NBA mit ESPN und Turner Sports noch bis in die Mitte des kommenden Jahrzehnts läuft, möchte ich mich auf DAS Premiumrecht in Nordamerika konzentrieren, um auf die weitaus kompliziertere Situation von DAZN in den USA im Vergleich zur DACH-Region, Japan und Italien einzugehen: die National Football League.
Es gibt meiner Meinung nach zwei Hauptgründe, warum der Weg in den elitären Kreis der NFL-Lizenznehmer von exklusiven Bewegtbildinhalten enorm steinig für DAZN sein wird:
Starke Präferenz für traditionelle Lizenznehmer mit maximaler Reichweite in den USA
Zum einen ist sich die NFL ihrer enormen Popularität in allen Gesellschaftsschichten der USA bewusst und wird daher auch weiterhin an einem Distributionskanal interessiert sein, der sowohl die jüngeren als auch älteren Fans zuverlässig erreicht. Die Zuschauer der NFL sind mit einem Durchschnittsalters von 50 Jahren ohnehin am oberen Ende des Spektrums unter den allgemeinen Sportfans anzusiedeln und man kann davon ausgehen, dass besonders diese für die NFL weiterhin enorm wichtige Zielgruppe wenig anpassungsfähig an neuartige Distributionskanäle wäre. Die American Football - Liga hatte bereits in der Vergangenheit eine starke Präferenz für das "Free-to-Air" - Fernsehen in den USA (d.h. ABC, CBS, FOX und NBC) gezeigt und bereits der Schritt zum "Pay" - Fernsehen mit "ESPN Sunday Night Football" im Jahr 1987 kam äußerst überraschend. Seither wird die Verwertung im gebührenpflichtigen Kabel- oder Satellitenfernsehen auf 16 Spiele pro Saison ("ESPN Monday Night Football") sowie ein Wild Card - Game ("ESPN Wild Card Game") beschränkt. Der Unterschied zwischen FTA- und Pay-TV: In den USA gibt es ca. 16 Mio. "Broadcast-only" TV-Haushalte und damit bedeutet selbst ESPN als der reichweitenstärkste sportdedizierte Sportsender im Pay-TV eine enorme Einschränkung der Reichweite im Vergleich zu FTA-Sendern. Der Hauptsender des "Worldwide Leaders in Sports" ist derzeit in ca. 86 Mio. Haushalten empfangbar. Diese limitierte Distribution des eigenen Produkts lässt sich die NFL auch dementsprechend vergüten: Für weitaus umfangreichere Rechtepakete und in der Vergangenheit zumeist deutliche attraktivere Spielpaarungen zahlen mit CBS (ca. USD 1,0 Mrd.), FOX (ca. USD 1,7 Mrd. inkl. "Thursday Night Football") und NBC (ca. 950 Mrd.) die Lizenznehmer aus dem FTA-Bereich deutlich weniger pro Jahr als das Pendant hinter der Bezahlschranke (ca. USD 1,9 Mrd. + USD 100 Mio. für das Wild Card Game). Wenn es in der jüngeren Vergangenheit Gerüchte über potenzielle Änderungen an der Konstellation der exklusiven Lizenznehmer der NFL gab, ging es dabei eher um eine komplette Rückkehr in den FTA - Bereich als um eine stärkere Verlagerung zu kostenpflichtigen Plattformen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass andere Lizenznehmer der NFL (z.B. Amazon, Verizon) diese Übertragungsrechte für eng definierte Verwertungssysteme (z.B. Streaming, Mobilfunk) und auf nicht exklusiver Basis erhalten haben. Die Kannibalisierung der Hauptlizenznehmer aus dem linearen TV durch derartige Angebote hat sich bislang stark in Grenzen gehalten und ein Erwerb eines solchen Rechtepakets in Zukunft liegt durchaus im Rahmen des Möglichen für DAZN. Das Problem: Solche nicht-exklusive Programminhalte werden nur sehr bedingt in der Lage sein, als Abonnenten-Treiber für die kostenpflichtige OTT-Plattform dienen zu können.
Wie desaströs eine Exklusivität für einen digital-only Lizenznehmer für ein Mainstream-Produkt wie der NFL sein kann hat sich in den vergangenen Monaten in Kanada beobachten lassen: Nach enormen Problemen in der vergangenen NFL-Saison, sah sich DAZN nun auf Drängen verärgerter Fans (und wahrscheinlich auch seitens der NFL) dazu gezwungen, umfassende Sublizenzen an die kanadischen Kabel- und Satellitenanbieter Bell Canada Enterprises, Shaw Communications und SaskTel sowie kleineren Anbietern zu gewähren. Noch schlimmer: Diese Telekommunikationsunternehmen können die erworbenen Rechte zudem weiter sublizenzieren, was der Exklusivität des DAZN-Angebots weiter schaden sollte.
Die NFL ist der zuschauerstärkste Sport in Kanada. Dass man sich seitens der NFL dennoch für die von Anfang an für diese mit Kritik konfrontierte exklusive Partnerschaft entschied, lässt sich wahrscheinlich mit der im Vergleich zur USA geringeren finanziellen Bedeutung des kanadischen Marktes erklären. Gleichzeitig beweisen die Vorkommnisse in Kanada die geringe Anpassungsfähigkeit der weniger internetaffinen Zielgruppe der NFL bzw. wie schwer es ist, jahrzehntelange Konsumgewohnheiten weiter Teile der Zielgruppe der NFL zu verändern. Dabei fällt mir immer wieder auf, wie sehr die Adaptation von digitalen OTT - Distributionsplattformen wie Netflix, Prime Video oder auch DAZN in meiner Filterblase bzw. Altersgruppe im Gesamtkontext überschätzt wird.
Größte Asset von DAZN in den USA als Hindernis für potenzielle Zusammenarbeit mit der NFL
Zum anderen könnte das wohl größte personelle Asset von DAZN in Nordamerika ein Hindernis auf dem Weg zur NFL werden: Die Verpflichtung von dem ehemaligen ESPN-Präsidenten John Skipper im Mai diesen Jahres sorgte aus vielerlei Gründen für Schlagzeilen: Zum einen hatte eine der wohl mächtigsten Personen im nordamerikanischen Sportmedienmarkt nach dem unrühmlichen Abschied nach sechs Jahren in der Führungsposition bei dem "Worldwide Leader in Sports" in mitten von angeblichen Suchtproblemen einen neuen Job: Executive Chairman of Perform Group. Zum anderen bescherte es der OTT-Plattform erstmals eine gewisse Aufmerksamkeit in dem umkämpften US-Markt, da sich die mediale Berichterstattung bis dahin größtenteils auf die zu diesem Zeitpunkt ebenfalls noch nicht gelaunchten ESPN+ und B/R Live beschränkte.
Allerdings kommen mit John Skipper auch Probleme: Dabei ist vor allem das angeblich zerrüttete Verhältnis zu den Entscheidungsträgern bei der NFL zu erwähnen. Die Liste der rumorten Streitpunkte zwischen dem 62-Jährigen und der NFL war lang:
Die schlechten bzw. unattraktiven Spielpaarungen für das wichtigste und kostspieligste Programm des Senders ("Monday Night Football") bei gleichzeitiger Überbezahlung für die NFL-Rechte sind hier sicherlich an erster Stelle zu nennen. Auch wenn ESPN wie gesagt ein gewisses Premium aufgrund des Status als kostenpflichtiger Kabelsender zahlen muss, sind die Umstände der aktuellen TV-Deals schon interessant: Die Vertragsverlängerung mit den FTA-Sendern NBC, CBS und FOX für die Sonntagsspiele der NFL materialisierte sich im Dezember 2011 und damit zwei Monate nach dem aktuellen ESPN-Deal. Nicht nur konnten sich die FTA-Sender weitaus umfangreichere Rechtepakete sichern (inkl. Playoffs und Super Bowls) zu weitaus geringen Gesamtkosten und Kosten pro nationaler Übertragung, man konnte sich jene Verwertungsrechte auch für ein Jahr länger (bis 2022 anstatt 2021) sichern -- ein Jahr mehr, bevor man sich alten und vor allem neuen Marktteilnehmern wie Amazon, Facebook und DAZN stellen muss und im Fall des wiederholten Rechteerwerbs wahrscheinlich einen weiteren Anstieg bei den Rechtekosten hinnehmen muss.
Das strapazierte Verhältnis zwischen Skipper und der NFL zeigte sich allerdings auch in weniger offensichtlichen Punkten: Als dedizierter Sportsender mit umfangreicher NFL-Berichterstattung rund um die Uhr ist man beim "Worldwide Leader in Sports" zudem mit der Herausforderung einer objektiven, journalistischen Berichterstattung bei gleichzeitiger Förderung der Popularität und Images der Liga konfrontiert. Dabei sparte die Football-Liga in den letzten Jahren nicht mit Storylines, die eine durchaus kritische bzw. zumindest objektive Berichterstattung verlangten: Gehirnerschütterungen, das Problem mit der Hymne, fallende TV-Einschaltquoten sind nur einige Beispiele. Daher kam es nicht überraschend, dass einer der ersten Punkte auf der Tagesordnung des neuen ESPN-Präsidenten James Pitaro seit dem Amtsantritt im März diesen Jahres das Verhältnis mit der in New York ansässigen Liga wieder zu verbessern. Der 48-Jährige, der zuvor für die Division "Consumer Products and Interactive Media (DCPI)" beim Disney-Konzern verantwortlich war, war diesbezüglich auf dem ESPN Media Day vor einigen Tagen auch überraschend offen gegenüber den anwesenden Reportern. (siehe Twitterpost).
Für DAZN bedeutet die Präsenz von John Skipper jedoch, dass eine Zusammenarbeit mit der NFL in den USA noch unwahrscheinlicher ist als es bereits aufgrund der enormen Konkurrenz ohnehin erscheint. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der offizielle Jobtitel von John Skipper zwar "Executive Chairman of Perform Group" ist, sein (positiver und negativer) Einfluss sollte sich jedoch vor allem auf die beiden nordamerikanischen Märkte beschränken. Das Experiment der NFL mit einem digital-only Player als exklusiver Lizenznehmer der Übertragungsrechte auf dem Markt mit den drittmeisten NFL-Fans außerhalb der USA (Kanada) muss bislang als Misserfolg bewertet werden. Es ist unwahrscheinlich, dass man sich seitens der Entscheidungsträger der NFL auf eine ähnliche Konstellation auf deren mit großem Abstand wichtigsten Markt einlässt. Nichtsdestotrotz hat sich die Perform Group besonders außerhalb des nordamerikanischen Kontinents als wertvoller Partner der NFL etablieren können.
Verpasste Chance? DAZN komplett ohne Fußball auf dem Wachstumsmarkt "USA"
In meinem letzten Beitrag habe ich mich bereits ausführlich mit der Herausforderung der Nichtverfügbarkeit von attraktiven Medienrechten zum jetzigen Zeitpunkt in den USA beschäftigt. Die Alternativen zu den beiden langfristigen Partnerschaften im Kampfsport, die man als Kernprogramm zum anstehenden Launch präsentieren wird, waren sicherlich rar. Jedoch haben die Entwicklungen der letzten beiden Wochen nochmal gezeigt, dass der internationale Fußball wohl die einzige Chance gewesen wäre, um ein von Beginn an attraktiveres Angebot auf die Beine zu stellen: Wenn der späte Launch der OTT-Plattform nach Beginn der Spielzeiten im europäischen Fußball der einzige Grund gewesen ist, warum man anscheinend keine valide Option für die italienische Serie A, aber auch niederländische Eredivisie, australische A-League and Chinese Super League war, hätte man sich für ein früheres Launch-Datum entscheiden müssen. Ganz ohne Fußball steht zugegebenermaßen bei DAZN jedoch auch nicht da: Zumindest die sich im eigenen Besitz befindenden globalen Verwertungsrechte der japanischen J-League wird der US-Amerikaner auf der Plattform der Perform Group verfolgen können.
Das Potenzial des europäischen Fußballs in den USA versucht sich nun vor allem ESPN für die eigene OTT-Plattform zunutze zu machen und man versucht, ESPN+ mit der Serie A, dem FA-Cup und Major League Soccer sowie zahlreichem "Long-Tail" - Content eindeutig als "The Home of Soccer in the US" zu etablieren. Turner Sports (inkl. B/R Live) und NBC (inkl. NBC Sports Gold) verfolgen hingegen eine Premium-Strategie mit der UEFA Champions League und UEFA Europa League bzw. der englischen Premier League.
Ein Grund für das große Interesse an dem europäischen Fußball ist sicherlich auch die attraktive Zielgruppe, die man mit einem derartigen Programm wird ansprechen können. (siehe Twitterpost)
DAZN wird man in den USA mit Fußball also nicht unbedingt assoziieren. Damit muss man auf eine durchaus attraktive Zielgruppe verzichten.
2️⃣ Modell des Intermediäres durchaus mit Mehrwert - zumindest für kleinere Sportorganisationen
Es scheint also eindeutig, dass sich ESPN mit ihrem OTT-Angebot als "Home of Soccer in the USA" etablieren möchte. Dass man trotz des Abgangs des leidenschaftlichen Fußball-Fans John Skipper am runden Leder festhält, ist vor dem Hintergrund des scheinbaren Momentums des Sports in Nordamerika nicht unbedingt überraschend, aber durchaus bemerkenswert: In der Vergangenheit war es durchaus eine Seltenheit einen derart starken Unterstützer des Fußballs unter den führenden Entscheidungsträgern im Sportmedienmarkt in den USA zu finden. Mittlerweile scheint die Nachfrageseite auf jenem Sportmedienmarkt für die europäischen Ligen äußerst kompetitiv geworden zu sein.
Dies bedeutet jetzt nicht automatisch, dass plötzlich alle europäischen Ligen in den USA einen Abnehmer mit entsprechendem finanziellen Angebot für ihre medialen Verwertungsrechte finden werden. Die Gründe für die scheinbare Stagnation der einheimischen Major League Soccer sind vielfältig, aber die mangelnde Qualität auf dem Spielfeld bleibt sicherlich einer der größten Herausforderungen, die weiterhin anhaltendenden Investitionen und steigenden Bewertungen in der US-Liga langfristig zu rechtfertigen. (siehe Twitterpost)
Der nordamerikanische Sportfan ist es gewohnt, dass man in den auf dem Kontinent populärsten Mannschaftssportarten auch weltweit führend ist: American Football, Basketball, Eishockey und Baseball sind natürlich die Paradebeispiele. Ein Grund für das gestiegene Interesse am europäischen Top-Fußball in den USA ist daher sicherlich auch die mangelnde Qualität der einheimischen MLS. Gleichzeitig bedeutet dies auch, dass (unter-)durchschnittliche Ligen aus Europa trotz aller Euphorie um das runde Leder auch weiterhin nur eine sehr dürftige Nachfrage erfahren sollten. Für jene Ligen geht es nicht um das monetäre Potenzial, welches der US-Markt bietet. Im ersten Schritt muss es darum gehen, eine möglichst reichweitenstarke Distribution und entsprechende Sichtbarkeit in diesen potenziellen Wachstumsmärkten zu erreichen. Der nun abgeschlossene Deal zwischen ESPN und der als Rechtehändler agierenden Agentur IMG ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie kleinere Ligen von den Netzwerken, Skaleneffekten und Bündelung von Rechtepakten profitieren können:
Im Mittelpunkt des umfassenden Deals mit IMG stand für den „Worldwide Leader in Sports“ natürlich der Erwerb der Serie A für die nächsten drei Spielzeiten. Während man damit das Programmangebot von ESPN+, welches alle 340 Spiele der Serie A in Echtzeit und auf Abruf übertragen wird, nochmals deutlich aufwerten konnte und mittlerweile nicht nur für „Ivy League“ – Alumnis und Kampfsportfans (z.B. Top Rank Boxing, UFC), sondern auch für Fußball-Fans extrem (!) attraktiv bepreist sein sollte, ist der Deal ein absoluter Glücksfall für die sich im Besitz von Endeavor befindliche Sports & Entertainment – Agentur: Mit der auf EUR 55 Mio. pro Jahr dotierten Vereinbarung (3-Jahresvertrag) war man in der Lage die (unerhoffte) Ankunft von Cristiano Ronaldo und ein angebliches Wettbieten zwischen ESPN und B/R Live in eine substanzielle Refinanzierung der Akquisitionskosten für die globalen Verwertungsrechte an der Serie A umzumünzen: Mit den EUR 55 Mio. hat man allein in einem „Fußball-Entwicklungsland“ wie den USA – zugegebenermaßen dem größten Sportmedienmarkt der Welt – bereits ca. 16% der jährlich investierten 340 Mio. / Jahr refinanzieren können. (siehe Twitterpost)
Selbst bei ESPN scheint man sogar selbst etwas über Attraktivität des eigenen Programmangebots bzw. der eigenen Aggressivität beim Rechteerwerb überrascht zu sein. Zumindest lassen die Aussagen von Disney-Präsident Bob Iger im Rahmen der Veröffentlichung der letzten Quartalzahlen dieses implizieren: „We had relatively modest expectations [...] but actually we’ve added nicely to that product offering.” Daher könnte man im Nachhinein sogar spekulieren, ob der gesetzte Preispunkt ($4,99 pro Monat) im Vergleich zur Konkurrenz und vor dem Hintergrund der allgemein höheren Zahlungsbereitschaft des nordamerikanischen Konsumenten zu niedrig angesetzt war. Gleichzeitig wird man sich sicherlich nicht über zu viele Abonnenten beschweren, von denen laut BTIG – Analyst Rich Greenfield ohnehin sieben Millionen notwendig wären, um aus ESPN+ ein profitables Business zu machen. Während sich „The Worldwide Leader in Sports“ bezüglich Abonnentenzahlen für seine OTT-Plattform bislang bedeckt hält, hat ESPN-Kritiker Greenfield eine eher düstere Schätzung parat – mit lediglich 100.000 zahlenden Kunden sollte diese meiner Meinung nach jedoch am unteren Ende des Wahrscheinlichen liegen. (siehe Twitterpost)
Auf der anderen Seite der Vereinbarung hat man in den letzten Wochen wiederholt und in verschiedenen Anwendungsfällen von dem sogenannten „Ronaldo-Effekt“ gehört. Der „Ronaldo-Effekt“ bei den Medienrechte in den USA – natürlich nur, wenn man alle anderen Faktoren ignoriert – lag schlussendlich bei ca. 90%. Der bisherige Rechteinhaber beIN SPORTS zahlte bislang rund USD 28 Mio. pro Saison an die italienische Liga bzw. MP&Silva als bisherigen Rechtehändler.
Das Abkommen zwischen ESPN und IMG endete jedoch noch lange nicht mit der Serie A: Das zweite attraktive Übertragungsrecht, welches im Rahmen des umfassenden Deals über den Tisch ging, war der englische FA Cup. Fox Sports zahlte in den letzten drei Jahren ca. USD 6 Mio. pro Jahr für das britische Traditionsturnier. Als Teil der Strategie des in Bristol ansässigen Unternehmens, das Angebot von ESPN+ als "Must-Have" für Fußball-Fans zu positionieren, wird der FA Cup nun jedoch komplett hinter die Bezahlschranke wandern. Dies bedeutet eine erhebliche Umstellung für den Konsumenten, da zahlreiche Runden des Wettbewerbs über die letzten beiden Jahrzehnte im linearen Kabelfernsehen übertragen wurden. Die Halbfinal- und Finalspiele waren sogar oftmals auf dem reichweitenstarken FTA-Sender FOX zu sehen. Spätestens wenn es zum Jahreswechsel in die spannende Phase des FA Cups geht, sollten die Abonnentenzahlen von ESPN+ nochmal erheblich steigen – gleichzeitig mit dem Frust einiger Fans natürlich.
Als Teil des Deals mit IMG wurde allerdings nicht nur ein Zuhause für die gefragte Serie A und den durchaus populären FA Cup gefunden, sondern auch für kleinere Ligen, die es bislang schwer hatten, einen Abnehmer in Nordamerika zu finden: die niederländische Eredivisie, australische A-League und Chinese Super League. In diesem Zusammenhang wird der Mehrwert von Sportagenturen für kleinere Ligen bei der Auslandsvermarktung deutlich. Ohne die Bündelung dieser "Nischen"- Rechte mit den "Leuchtturm" - Rechten der Serie A und des FA Cups wäre es unwahrscheinlich gewesen, dass man einen Abnehmer mit entsprechender Reichweite und finanziellem Angebot hätte finden können.
Auch wenn ich vor allem im Premiumsegment äußerst pessimistisch gegenüber der Nachhaltigkeit des Modells des Rechtehändlers und dessen hauchdünnen Margen bin und weiterhin bleiben werde, sollte man die Vorteile dieser Intermediäre also nicht verschweigen. Aus Sicht der Rechthändler ist die Hauptherausforderung diesbezüglich jedoch auch, dass man einer niederländischen Eredivisie zwar eine reichweitenstarke Distribution bescheren kann, die eigene Attraktivität dieser Mandate aufgrund des geringen finanziellen Transaktionsvolumen jedoch sehr begrenzt ist. Daher ist besonders die Disintermediation von IMG, Lagardère & Co. bei der medialen Auslandsvermarktung im Premiumsegment die größte Gefahr für das Geschäftsmodell des klassischen Rechtehändlers. Kleinere Ligen und sekundäre Sportarten werden bei Weitem nicht den Verlust der Top-Ligen (z.B. gesehen bei der Bundesliga) kompensieren können.
Gleichzeitig wird man wie zuletzt im Fall von MP&Silva immer wieder an die fundamentalen Gefahren und Nachteile dieses Modells erinnert: Die garantierten Summen der Rechtehändler - wie in diesem Fall der schottischen Premiership durch deren Zehn-Jahresvertrag mit der sich mittlerweile im Besitz chinesischer Investoren befindlichen Sportagentur - sind anscheinend nämlich nicht so sicher, wie man annehmen durfte. (siehe Twitterpost)
Allerdings muss man vorausschauenden Agenturen wie IMG auch ein Kompliment aussprechen, wenn man das Ende des klassischen Geschäfts erkennt und dementsprechend seine Aktivitäten diversifiziert: Während man bereits die Idee von Equity-Beteiligungen in Sportorganisation unter den Agenturen pionierte, verwertet man nun sogar als Rechtehändler erworbene Rechte anhand eines eigenen OTT-Angebots in Eigenregie: Auch wenn der beispielsweise in Skandinavien für €70 oder in 21 Territorien Lateinamerikas für $60 erwerbbare „Serie A“ – Pass besonders im Vergleich zu anderen OTT-Angebote sehr teuer erscheint, nimmt man die Refinanzierung in weniger attraktiven Märkten in die eigenen Hände. (siehe Twitterpost)
Die Ankunft von Ronaldo ist natürlich ein absoluter Glücksfall für IMG und war mit Sicherheit nicht Teil der Investment-Cases im Oktober des vergangenen Jahres, jährlich EUR 340 Mio. für die medialen Verwertungsrechte der Serie A außerhalb Italien zu investieren um diese zu vermarkten bzw. in Eigenregie zu verwerten. Eine erfolgreiche Refinanzierung sollte aufgrund der geänderten Umstände als wahrscheinlich gelten und die Marge für IMG auch nicht „hauchdünn“ sein. Zudem stellt sich die Frage, ob die ausländischen Vermarktungsrechte der spanischen La Liga im Nachhinein wirklich EUR 560 Mio. pro Jahr mehr wert waren als die der Serie A -- wohl eher nicht. (siehe Twitterpost)
Während also die originären Rechteinhaber und potenziellen Intermediäre von der kompetitiveren Nachfrageseite in den USA profitieren, resultierte diese zwangsläufig in einer zunehmenden Fragmentierung des nordamerikanischen Sportmedienmarkts. Dieses konsumentenunfreundliche Umfeld lässt u.a. daran erkennen, dass der leidenschaftliche Fußball-Fan in den USA immer mehr Abonnements abschließen muss, um die wichtigsten Ligen verfolgen zu können: Ein aktueller Beitrag der New York Times hat errechnet, dass sich die benötigten Abonnements für den Fan des europäischen Fußballs auf mehr als $750 pro Jahr summieren würden. Schlussendlich scheint ein "Re-Bundeling" der zahlreichen OTT-Plattformen, die erst zum "Un-Bundeling" des traditionellen Programmboquets im Kabel- bzw. Satellitenfernsehen geführt haben, unumgänglich zu sein. Zumindest hat es der "European Soccer" mit den aktuellen Entwicklungen in einen aufmerksamkeitserregenden Beitrag in dem Mainstream-Medium der New York Times geschafft. Wie weit allerdings diese Fragmentierung mittlerweile vorangeschritten ist, macht der Umstand deutlich, dass man selbst für den Liga- und Pokalwettbewerb eines Landes mittlerweile oftmals zwei verschiedene OTT-Angebote benötigt: Während man alle Spiele der ersten und zweiten Bundesliga über die OTT-Plattform "Fox Soccer Match Pass" ($140 pro Jahr) verfolgen kann, liegen die Übertragungsrechte am DFB-Pokal bei ESPN. Jedoch schaffst es der deutsche Pokalwettbewerb normalerweise nichts in das lineare ESPN-Programm und muss daher in der Regel über - die nur mit einem normalen Kabelabonnement zugängliche – WatchESPN - Plattform verfolgt werden. Auch im Fall der englischen Premier League muss man stolzer Inhaber eines Abonnements eines Kabelpakets (durchschnittlich $106 pro Monat) sein, welches die Sender von NBC (z.B. NBCSN, CNBC, MSNBC) umfasst. Zudem ist für den Fan des englischen Fußballs die OTT-Plattform "NBC Sports Gold Pass" ($60 pro Jahr), die allerdings nur die Spiele der EPL überträgt, die nicht im linearen Programm bei NBC Universal ausgestrahlt werden, ein absolutes Muss. Die OTT-Plattform "ESPN+" ($4,99 pro Monat) für die English Football League (2. Liga) würde das englische Fußballerlebnis komplettieren. Weitere Ausgaben für internationale Wettbewerbe (z.B. B/R Live) kommen natürlich noch zusätzlich hinzu. Das kommt es gelegen, dass die Fußballfans in den USA als besonders liquide gelten.
Der dedizierte Sportsender aus Katar hat gleich in zwei seiner Kernmärkte einige katastrophale Wochen hinter sich: Nachdem man in Spanien die Übertragungsrechte sowohl an der La Liga (u.a. 1x Spiel pro Spieltag auf exklusiver Basis – 1. Wahl) als auch an der UEFA Champions League und UEFA Europa League im Rahmen der “Medienrechte-Sommer-Bonanza” auf der iberischen Halbinsel an Platzhirsch Telefónica verlor, stellte man den Betrieb in Spanien aufgrund der offensichtlichen mangelnden Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Programmportfolios kurzerhand den linearen Pay-TV Kanal ein und konzentriert sich fortan auf das Joint Venture "beIN Connect" mit der MediaPro - Gruppe. Zwar wurden in den USA noch keine vergleichbaren Konsequenzen gezogen, die mittelfristige Zukunft von beIN SPORTS auf dem größten Sportmedienmarkt sieht dennoch ebenfalls äußerst trüb aus:
Vor dem Hintergrund, dass hinter der katarischen Mediengruppe beIN Media Group mit Nasser bin Ghanim Al-Khelaïfi, seines Zeichens CEO bzw. Präsident von Qatar Sports Investment (u.a. Eigentümer von Paris Saint-Germain), steht, kann man davon ausgehen, dass potenzielle Liquiditätsprobleme nicht der Grund für das Ende der Geschäftstätigkeit auf dem US-Markt sein würden. Im Gegenteil: Dank der enormen finanziellen Ressourcen und dementsprechend verlockender Angebote für originäre Rechteinhaber konnte man die eigene Präsenz über den Heimatmarkt im Mittleren Osten und Nordafrika (MENA) innerhalb weniger Jahre deutlich ausbauen: Vor allem durch die Akquise von Übertragungsrechten an den Top-Ligen des europäischen Fußballs konnte man innerhalb kürzester Zeit erfolgreich Sender in Australien (2007), den USA (2012), Frankreich (2012), Kanada (2014) und Spanien (2015) launchen. Vielmehr ist man auf dem umkämpften US-Markt aufgrund des Verlust zahlreicher Übertragungsrechte auf dem besten Weg, in der Belanglosigkeit zu verschwinden.
Nach dem Verlust der Serie A ist die La Liga das mit Abstand attraktivste Übertragungsecht im verbleibenden Programmportfolio des Senders aus Katars. Der Vertrag mit der spanischen Liga läuft aus Sicht des Senders glücklicherweise noch für die nächsten beiden Spielzeiten, denn sowohl in den USA (beIN SPORTS) als auch in China (Suning) vergab man die audiovisuellen Verwertungsrechte vor der Saison 2015/16 für jeweils die nächsten fünf Jahre auf den beiden wohl wichtigsten Wachstumsmärkten im europäischen Fußball unerwartet langfristig. Auf der einen Seite profitierte man dadurch als einer der ersten europäischen Ligen von der gestiegenen Nachfrage nach internationalem Fußball in diesen Wachstumsmärkten. Auf der anderen Seite beraubte man sich aufgrund der enorm langen Vertragslaufzeiten der Flexibilität auf geänderte Marktbedingungen zu reagieren bzw. zu profitieren.
Besonders in dem schnelllebigen Geschäfts an der Schnittstelle von Sport, Medien und technologischer Innnovation können einem fünf Jahre wie eine halbe Ewigkeit vorkommen: War beIN SPORTS vor drei Jahren beispielsweise noch ein absoluter Senkrechtstarter auf dem US-Markt ist die geringe Reichweite von beIN SPORTS und dementsprechend geringere Sichtbarkeit der La Liga abseits der eigenen Hardcore-Fans mittlerweile zu einem klaren Wachstumshemmnis für die Liga und ihren äußerst ambitionierten Präsidenten Javier Tebas in den USA geworden:
BeIN SPORTS besitzt derzeit über die verschiedenen TV-Plattformen hinweg – ohne die nicht-börsennotierten OTT-Plattformen bzw. nicht veröffentlichten Abonnentenzahlen der „virtual MVPDs“ (vMVPDs) wie YouTube TV, Fubo TV und PlayStation Vue – ca. 22 Mio. TV-Haushalte, die bei Verizon, Comcast, Dish & Co. ein Pay-TV Paket abonniert haben, welches den katarischen Sender beinhaltet. Zum Vergleich: Nachdem die Serie A den Absprung vom “sinkenden Schiff” beIN SPORTS geschafft hat, wird es in Zukunft dank der Reichweite von ESPN mit mindestens einem Spiel pro Woche in ca. 86 Mio. Haushalten empfangbar sein. Zudem werden alle 380 Spiele Live und auf Abruf über ESPN+ zugänglich sein.
Sollte man nun auch diesen letzten "Abonnenten-Treiber" in zwei Jahren verlieren, scheint ein vergleichbares Schicksal wie in Spanien oder wie Fox Sport Italia, die die Übertragungsrechte an der Serie A an Marktführer Sky Italia sowie Senkrechtstarter DAZN verloren, unumgänglich: Beide Sender stellten vor Kurzem die Geschäfte in Spanien bzw. Italien ein. Ein derartiges Schicksal für beIN SPORTS scheinen auch die TV-Distributionsplattformen vorherzusehen, denn die Schätzung von ca. 22 Mio. Abonnenten des beIN SPORTS – Programms unter den insgesamt 119,6 Mio. TV-Haushalten in den USA stammt von vor der Zeit der neuesten Streitigkeiten über die Distribution des TV-Senders mit den führenden TV-Plattformen und die Inklusion von beIN SPORTS in ihren jeweiligen Kabel- und Satellitenfernsehenpaketen – denn die TV-Plattformen scheinen das absehbare Ende des Spartensenders ebenfalls erkannt zu haben: Während der sogenannte „Carriage – Disput“ mit Verizon’s FiOS (ca. 4,6 Mio. potenzielle Abonnenten) zuletzt ausgeräumt werden konnte, kann Gleiches mit Comcast, dem größten Pay-TV Provider in den USA (ca. 22,1 Mio. potenzielle Abonnenten), nicht behauptet werden. Aufgrund der durchaus moderaten monetären Forderungen des Senders soll die Vergütung pro gewonnenen Abonnenten (sog. „Carriage-Fee") noch nicht mal das Problem in den Verhandlungen sein. Vielmehr scheint man sich bei Comcast auch bewusst zu sein, dass man zwar aktuell noch mit der La Liga sowie der Ligue 1, MotoGP, MotoAmerica und WTA ein durchaus attraktives Angebot hat, es in absehbarer Zeit allerdings zu einer regelrechten Flucht der Sportorganisationen weg vom katarischen Sender kommen wird. Der aktuelle Black-Out von beIN SPORTS ist nämlich vielmehr ein Resultat der unterschiedlichen Auffassungen über die Laufzeit des neuen Vertragswerks. Bei Comcast als Marktführer unter den TV-Plattformen („MVPDs“) möchte man die aktuell noch gerechtfertigten „Carriage Fees“ nicht langfristig garantieren, da das Rechteportfolio in zwei Jahren bereits weitaus weniger attraktiv sein könnte und dementsprechend auch nicht den aktuellen Vergütungskonditionen gerecht werden würde.
Mit aktuell durchschnittlich $0.10 ist die monatliche Vergütung-pro-Abonnement auch äußerst moderat im Vergleich zu beispielsweise ESPN ($7,86) und Fox Sports 1 ($1,30), aber auch vermeintlich vergleichbare nationale Sender wie Fox Sports 2 ($0,33), NBC Sports Net ($0,32), The Golf Channel ($0,35), MLB Network ($0,26) oder ESPNU ($0,25) sind nicht nur großflächiger distribuiert, sondern erhalten pro Abonnement auch deutlich höhere Vergütungsbezüge. Allerdings fragt man sich bei Comcast wohl, ob beIN SPORTS ohne die La Liga auch die $0,10 pro Abonnement noch wert wären. Allerdings ist das Bedenken bezüglich der Viabilität von beIN SPORTS in den USA nicht komplett neu und der Umstand, dass der nordamerikanische Ableger des katarischen Senders neben The Golf Channel und dem Pac-12 Network der einzige sportdedizierte Sender ist, der im Vergleich zu 2012 keinen Anstieg der monatlichen Distributionsvergütung vorzuweisen hat, ist vielsagend bezüglich dem Vertrauen der Pay-TV Operator. Der schwellende Disput ist nun lediglich in den Schlagzeilen, da der Distributionsvertrag und dementsprechend zugesicherte Carriage Fee abgelaufen ist und damit Neuverhandlungen anstehen. Diese werden jedoch seitens Comcast zu Kosten von beIN SPORTS äußerst öffentlich ausgetragen.
Wenn man zynisch sein möchte, kann man nun eine Verbindung zum dem Umstand schließen, dass Comcast u.a. auch NBC Universal, der Lizenzinhaber der englischen Premier League in den USA (USD 167 Mio. pro Jahr bis 2021/22), gehört. Eine beschränkte Sichtbarkeit der La Liga würde sich mit Sicherheit nicht negativ auf die führende Position der EPL in den USA auswirken. Eine derartige Bloßstellung von beIN SPORTS durch die Infragestellung der mittelfristigen Überlebensfähigkeit seitens des größten Pay-TV Operators der USA torpediert natürlich auch die Verhandlungsposition des katarischen Senders mit anderen TV-Plattformen auf der einen Seite und Sportorganisationen zum Erwerb von Übertragungsrechten auf der anderen Seite. Wenig überraschend haben die Kollegen von beIN SPORTS den Ernst der Lage erkannt und sind mit dem aktuellen Distributionsstreit und den damit einhergehenden negativen Auswirkungen auf das eigene Image in die Offensive gegangen. Fakt ist, dass alle Comcast-Kunden entgegen der eigenen Erwartung aktuell auf die La Liga & Co. verzichten müssen. (siehe Twitterpost)
Allerdings ist man sich anscheinend auch bei der La Liga dieser suboptimalen Konstellation mit beIN SPORTS als nationalen Medienpartner auf dem enorm wichtigen US-Markt bewusstgeworden. Besonders für eine scheinbar wachsende Sportart, ist Sichtbarkeit derzeit noch bedeutender als die Monetarisierung und beIN SPORTS bietet zum aktuellen Zeit nichts von beidem:
Mit dem Wissen, dass man aufgrund des noch zwei Jahre laufenden Vertrags mit beIN SPORTS unter normalen Umständen in absehbarer Zukunft keine Mehreinnahmen auf dem US-Markt hätte verbuchen können, war man bereits vor einigen Wochen kreativ geworden: Der Launch eines dezidierten La Liga – Produkts auf der hauseigenen OTT-Plattform „beIN SPORTS Connect“ sollte nicht nur in einer Steigerung der Sichtbarkeit der spanischen Liga resultieren, sondern eine „Revenue-Sharing“ – Vereinbarung mit dem Lizenzinhaber sollte auch kurzfristig in finanziellen Mehrreinnahmen münden.
Verwirrt von den Rollen der "Content Creator", "Distributionsplattformen" & "MVPDs"?
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Da man in Folge des ESPN-Deals der Serie A nun eventuell sogar die Gefahr läuft, den zweiten Platz hinter der Premier League auf dem US-Markt zu verlieren, hat man jetzt offensichtlich zu noch radikaleren Maßnahmen gegriffen: Die bahnbrechende Partnerschaft über die nächsten 15 Jahre der spanischen Liga mit der in New York ansässigen Vermarktungsagentur Relevent Sports, die neben der medialen Vermarktung u.a. auch vorsieht, mindestens ein Saisonspiel der La Liga pro Jahr in den USA auszutragen, lässt die enormen Ambitionen vermuten. Auch wenn die neue Partnerschaft unmittelbar mit Protesten aus dem eigenen Land (z.B. keine Abstimmung mit den Vereinen, Verlust von Heimspielen zugunsten eines Auslandsmarktes) zu kämpfen hatte, lässt diese zumindest aus Sicht von beIN SPORTS wenig Hoffnung, dass man sich nach Ablauf des aktuellen TV-Vertrags (2021/22) nochmals auf einen derart reichweitenschwachen Medienpartner einlassen wird. Da „Fellow University of Michigan – Alumni“ Stephen M. Ross über sein Investment-Vehikel RSE Ventures übrigens Eigentümer von sowohl den Miami Dolphins (inkl. Hard Rock Stadium) als auch teilweise Relevent Sports ist, scheint es zudem offensichtlich, wo zumindest das erste La Liga - Spiel auf nordamerikanischen Boden ausgetragen wird. Ein interessantes Portrait zu Relevent Sports und deren Chairman Charlie Stillitano gab es zuletzt im Rahmen des International Champion Cups, welcher ebenfalls durch die Sportagentur vermarktet wird, in der New York Times.
Mit Blick auf die Serie A bleibt abschließend aus Sicht von beIN SPORTS festzuhalten, dass eine mangelnde Distribution im Vergleich zu den Konkurrenten auf der Nachfrageseite des Sportmedienmarkts (z.B. ESPN, TNT, Fox Sports) natürlich auch in limitierten Refinanzierungsmöglichkeiten resultiert – entweder direkt über die „Carriage-Fees“ oder indirekt über die zumeist an Einschaltquoten gebundenen Werbeeinnahmen: Dementsprechend hätte man dank der finanzstarken Besitzer in Katar mit dem Angebot von ESPN+ mitziehen können, es hätte unter dem Gesichtspunkt der zu erwartenden Profitabilität jedoch anscheinend wenig Sinn gemacht. Disney-Präsident Robert Iger hat im Rahmen des Conference-Calls zu den letzten Quartalszahlen zudem durchblicken lassen, dass der finanzielle Return des Projekts „ESPN+“ zum aktuellen Zeitpunkt keinerlei Priorität hat. Vielmehr scheint es sich primär um einen technologischen Test-Ballon für das im kommende Jahr angekündigte Entertainment-Angebot „Disneyflix“ zu sein. Dementsprechend scheint man enorm aggressiv bei der Rechteakquisition gewesen zu sein und bei der Serie A auch nicht vor einer Verdopplung der jährlichen Rechtekosten zurückgeschreckt zu haben: beIN SPORTS hatte in den letzten drei Spielzeiten ca. USD 28 Mio. pro Jahr für die italienische Liga an den bisherigen Rechteinhaber MP&Silva überwiesen.
4️⃣ Follow-Up: Sportorganisationen mit Transformation zu Medienunternehmen
Allein seit der Veröffentlichung meines Blogbeitrags "Vorwärts- und Rückwärtsintegrationen: Teams werden Medienunternehmen und Medienunternehmen zu Investoren?" aus dem vergangenen Monat haben gleich mehrere Fußballvereine ambitionierte Projekte im Rahmen ihrer Transformation zu eigenen Medienunternehmen angekündigt: Manchester United, die zusammen mit Vereinen wie dem FC Bayern München (FC Bayern.tv) und dem FC Barcelona (Barça TV) bereits im linearen Zeitalter als Pionier für hauseigene Bewegtbildinhalte galt, passt sich dem technologischen Wandel an und bietet den Sender MUTV nun auch auf externen Streaming-Plattformen wie Amazon Fire TV, Apple TV, Roku und Xbox an. Dieser Schritt vergrößert die Reichweite und den Zugriff auf das vereinseigene Angebot, nachdem man im vergangenen Jahr mit dem Launch einer mobilen App für iOS und Android endlich das vereinseigene Angebot von dem Abonnement des linearen Pay-TV Senders entkoppelte. Damit ging man also bereits damals "Over-the-Top" im engeren Sinn: Ermöglichung des Zugriffs auf die Inhalte unabhängig jeglicher Abonnements von linearen Sendern bzw. Programmen, da bis dahin immer noch entsprechende Login-Daten notwendig waren, um das Angebot über die Verein-Homepage abzurufen.
Borussia Dortmund und Juventus folgten kurze Zeit später mit ähnlichen Angeboten, jedoch verzichtete man bei den beiden Vereinen komplett auf den linearen Distributionskanal. [UPDATE: Juventus scheint für sein OTT-Programm einen Distributionsvertrag mit Eleven Sports, dem wohl spannendsten Projekt neben DAZN auf dem europäischen Markt, für den portugiesischen Markt geschlossen zu haben, welcher die Verwertungssysteme "Kabel- und Satellitenfernsehen" sowie "IPTV" umfasst. Die Nachfrage sollte spätestens nach dem Ronaldo-Transfer durchaus gegeben sein.] Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass die Eintrittsbarrieren und notwendigen Startinvestitionen für derartige Services im digitalen Zeitalter enorm abgenommen haben. Während die erwähnten Pioniere unter den Sportvereinen zum Launch eines Club-Channels in der Vergangenheit noch enorme Investitionen in die technologische Infrastruktur tätigen, potenzielle Sendelizenzen erwerben und dem Problem der Einspeisung in das analoge bzw. lineare TV-Ökosystem auseinandersetzen mussten, gibt es mittlerweile schlüsselfertige OTT-Lösungen für das technologische Backend von NeuLion, BamTech Media & Co. kaufbereit: Borussia Dortmund entschied sich dabei für das schweizerische Sportradar während Juventus TV zukünftig von Deltatre betrieben. Beide Dienstleiter von solchen OTT White-Label Solutions stehen dabei auch sinnbildlich für die beiden strategischen Herangehensweisen dieser Unternehmen: Auf der einen Seite ist das italienische Deltatre eines von mehreren OTT-Services, die in den letzten Monaten von größeren Medienunternehmen oder Agenturen (hier: Bruin Sport Capital) akquiriert wurden: BAMTech Media (ESPN) und NeuLion (IMG) sind weitere Beispiele für Übernahmen durch welche sich "Big Player" auf dem Sportmedienmarkt externes Know-How besorgten. Sportradar hingegen ist einer der wenigen technologischen Dienstleister, die weiterhin um jeden Preis unabhängig bleiben wollen, um sich offenbar das Feld der potenziellen Kunden möglichst offen und groß zu halten. Selbst beim äußerst profitablen Exit des Private Equity - Investors EQT (35% - Minderheitsbeteiligung an Sportradar), der sich offensichtlich wie auch andere Investoren (z.B. FanDuel) den aktuellen Hype um das Marktpotenzial in den USA in Folge der Legalisierung von Sportwetten zunutze machte, hielt Unternehmensgründer und CEO Carsten Körl nicht nur an seinem bisherigen Unternehmensanteil fest, sondern sicherte sich im Rahmen des Exits von EQT sogar wieder eine Mehrheit am eigenen Unternehmen. Die Zukunft wird zeigen, ob man den bestmöglichen Zeitpunkt zum Unternehmensverkauf bzw. den Höhepunkt der Unternehmensbewertung damit verpasst hat. Interessant wäre auch zu wissen, inwieweit man Mitspracherecht beim Käufer des EQT-Anteils hatte, da man sich mit CPPIB/TCV wieder Finanzinvestor und keinen strategischen Investor (d.h. Verlust der kompletten Unabhängigkeit) an Bord geholt. Im Rahmen der Transaktion wurde Sportradar übrigens mit USD 2,4 Mrd. bewertet. Damit stellt man bezüglich des Entity Values zwar kleinere Konkurrenten wie NeuLion (2018: USD 250 Mio.) und (2016: USD 145 Mio.) in den Schatten, muss sich aber deutlich dem ehemaligen In-House Service der Major League Baseball (BAMTech Media) geschlagen geben (2016: USD 3,05 Mrd.). Gleichzeitig kann man argumentieren, dass Sportradar sowohl ein diversifizierteres Kunden- als auch Serviceportfolio vorweisen kann. Zumindest der neue, renditegetriebene Finanzinvestor als auch CEO Körl sehen Sportradar also offensichtlich noch nicht auf dem Höhepunkt der Bewertung.
Auch die Ambitionen von Sportvereinen bezüglich deren Transformation zum Medienunternehmen sollten noch nicht beendet sein. Während sich das aktuelle Programm auf dem hauseigenen OTT-Angebot vornehmlich auf Trainingsaufnahmen, Interviews und Wiederholungen von Spielen beschränkt, wird der nächste Schritt sein, dass man auf dem externen Sportrechtemarkt um Übertragungsrechte anderer Organisationen bietet um das eigene Angebot aufzuwerten. Der FC Liverpool und Manchester United haben zuletzt mit Vorbereitungsspielen zur WM 2018 bereits erste Versuche in diese Richtung getätigt. (siehe Twitterpost)
Den bemerkenswertesten Angriff hat jedoch wohl die spanische La Liga getätigt, die sich umfängliche und exklusive Übertragungsrechte an der spanischen Handball-Liga ASOBAL gesichert: Bislang zahlte der Pay-TV Anbieter Telefónica EUR 750.000 pro Saison für jene Verwertungsrechte. (siehe Twitterpost)
Neben dem Interesse an einer direkteren Beziehung mit den eigenen Fans ist ein weiterer Beweggrund für diese Aktionen der Topvereine offensichtlich: Nachdem die explodierenden Medienerlöse in den letzten Jahren der primäre Werttreiber für die Forbes-Bewertungen von zahlreichen Sports-Franchises waren, gibt es erste Anzeichen eines Abflachens dieses Wachstums bei den medialen Einnahmen. Einen größeren Teil der Wertschöpfungskette in die eigene Hand zu nehmen kommt da als potenzieller Werttreiber der Zukunft.
Nachdem Arsenal London im Zuge des "Untergangs von MP&Silva" wieder in den Besitz der medialen Verwertungsrechte an klubeigenen Bewegtbildinhalten sowie den Spielwiederholungen gelangt ist, steht potenziell auch schon der nächste Kandidat für ein solches OTT - Angebot bereit.
5️⃣ Unterschiedliche Herangehensweise im Sport an die zukünftige Rolle von Sportwettenanbietern
Die aktuellen Entwicklungen bezüglich der Legalisierung von Sportwetten in den USA haben jede Menge mediale Berichterstattung in den letzten Wochen erfahren und während ich den aktuellen Hype um die zahlreichen Monetarisierungsmöglichkeiten entweder als überschätzt (z.B. Anzahl der neuen Personen, die im Zuge der Gesetzesänderungen anfangen zu wetten) oder nicht langfristig aufrechterhaltbar (z.B. Idee von "Offiziellen Daten" wie zuletzt im 25 Millionen - Deal zwischen der NBA und MGM) sehe, sind diese Entwicklungen in den USA Teil der stetig wachsenden Dominanz und Sichtbarkeit von Sportwettenanbietern im Sponsoringumfeld des Sports.
An den stetig wachsenden Anteil von Sportwettenanbietern unter den Trikot- und Ärmelsponsoren in den englischen Premier League hat man sich bereits gewöhnt: Mittlerweile kommen neun der 20 Unternehmen auf der Brust der EPL-Jerseys aus dieser Industrie. Besonders der hohe Anteil unter den niedrigdotierten Sponsoring-Deals ist dabei auffällig, da keiner der "Big-Six" der EPL einen derartigen Brustsponsor hat und selbst der höchstdotierte Deal mit einem Sportwettenanbieter (Betway aus Malta mit West Ham United: GBP 10 Mio. pro Jahr) bereits deutlich abfällt im Vergleich zum Konzert der Großen (AIA aus Hong Kong mit Tottenham Hotspur: GBP 35 Mio. pro Jahr). Weitere Fakten, die die niedrige Werthaltigkeit und dementsprechend attraktive Sponsoringmöglichkeit für Sportwettenanbieter aus aller Welt verdeutlichen:
78% der GBP 313,6 Mio. an Einnahmen aus dem Trikot-Sponsoring werden durch die Big-Six (d.h. 30% der Vereine) generiert.
95% der Mehreinnahmen im Vergleich zur Vorsaison (+ GBP 31,5 Mio.) wurden durch die "Big-Six" verbucht und sind damit der Hauptgrund für die neue Rekordsumme von GBP 313,6 Mio.
Durchschnittliche Sponsoringeinnahmen durch Sportwettenanbieter betragen GBP 5,45 Mio. pro Jahr bzw. GBP 49,1 Mio. verteilen sich über neun Vereine.
Um die englische Premier League bezüglich der Einnahmen nicht komplett aus dem Blickfeld zu verlieren und auf dem Platz kompetitiv zu bleiben hat sich beispielsweise auch der Fußball in Deutschland zuletzt deutlich offener gegenüber dieser umstrittenen Industrie gezeigt: Das zunächst auf zwei Jahre ausgelegte Sponsoring der dritten Liga (2017-19) durch Bwin, eines von mehreren Wettanbietern unter dem Schirm der börsennotierten GVC Holdings, als Hauptpartner (u.a. Präsenz auf Trikotärmel aller 20 Drittligisten) ist sicherlich die prominenteste Folge der seit 2012 anhaltenden Liberalisierung des Monopols vom staatlichen Wettanbieter Oddset. Jedoch haben auch auf Vereinsebene einzelne Unternehmen wie Sunmaker für enorme Schlagzeilen gesorgt: Die SPONSORs hat umfassend über die Aktivitäten des zur Gauselmann-Gruppe gehörenden Wettanbieters berichtet: Sunmaker im deutschen Fußball.
Einen komplett anderen Weg wird indes die italienische Serie A einschlagen müssen: Ab dem 1. Januar des kommenden Jahres sind alle Werbe- und Sponsoringaktivitäten von Wettanbietern unter italienischem Gesetz (sog. "Dignity Decree") verboten. Vor dem Hintergrund, dass sich wahrscheinlich auch Vereine in England, Deutschland und Spanien im Zweifelsfall für einen Trikot- oder Ärmelsponsor entscheiden würden, der aus einer weniger kontroversen Industrie kommt, kann man davon ausgehen, dass die Wettanbieter schlichtweg finanziell attraktivere Angebote machen als andere Branchen um auf das Trikot der Fußballvereine zu kommen. Zudem fällt nicht nur ein potenzieller, finanzstarker Sponsor für das Trikotbrust- oder Ärmelmandat, sondern auch die Kategorie des "Offiziellen Wettpartners" hat sich auf Vereinsebene des europäischen Fußballs mittlerweile fest als Erlösquelle etabliert. Während nämlich das traditionelle Sponsoring in Zeiten von Schlagwörtern wie "Performance-Marketing" etwas in Verruf geraten ist, sollte die Effektivität oder zumindest Notwendigkeit einer Präsenz im unmittelbaren Sportumfeld für Wettanbieter unumstritten bleiben. Demzufolge sind finanzielle Einbußen im Vergleich zu den anderen europäischen Ligen garantiert und genauso sehen es auch die Vereine, die die zukünftige Konkurrenzfähigkeit in den europäischen Vereinswettbewerben in Folge des neuen Gesetz in enormer Gefahr sehen. Wie man beispielsweise am AC Mailand sieht, haben italienische Vereine bereits jetzt enorme Schwierigkeiten mit den Regularien des Financial Fairplays konform zu bleiben, wenn man versucht, international konkurrenzfähig zu sein. In Kürze wird einer der ertragreichsten Einnahmequelle ersatzlos wegfallen. Welche Möglichkeiten gibt es nach dem Ablauf aktueller Sponsoringverträge, die unter dem neuen Gesetz voraussichtlich noch bis Mitte des Jahres ihre Gültigkeit behalten werden? Auch wenn nicht unbedingt die sauberste Lösung, die Strafen für ein etwaiges Verstoßen gegen die neuen gesetzlichen Auflagen scheinen sich auf dem ersten Blick in Grenzen zu halten: Die sind pro Verstoß auf 5% des Werbe- bzw. Sponsoringvolumens limitiert. Wenn man sich für diesen fragwürdigen Schritt entscheiden sollte, wäre die Auslegung von "pro Verstoß" interessant.
Etwas überraschend haben die Aktienkurse der börsennotierten Vereine der Serie A (z.B. Juventus Turin, Lazio Rom, AS Rom) kaum auf die Nachricht vom 2. Juli 2018 reagiert. Die Meldung scheint wohl im Fieber um den Ronaldo - Transfer etwas untergegangen zu sein.
TV-Anstalten, Radiosender und andere Medienunternehmen sind übrigens ebenfalls von dem neuen Gesetz betroffen.
Die langfristigen Auswirkungen des neuen Gesetzes wird abzuwarten bleiben, aber man kann wohl davon ausgehen, dass es deutlich weitreichendere Folgen haben wird als der im Nachhinein so unbedeutende wie plötzliche Schritt des englischen Fußballverbands FA, die Partnerschaft mit dem Wettpartner Ladbrokes zu beenden und jegliche Assoziation mit der Branche in Zukunft zu vermeiden. Der britische Marktführer unter den Wettanbietern gehört wie Bwin übrigens ebenfalls zum Portfolio der GVC Holdings. Einer der größten Verlierer wird jedoch mit Sicherheit die Wettbewerbsfähigkeit italienischer Vereine auf der internationalen Bühne sein. Zumindest wenn man davon ausgeht, dass neue Sponsoring - Kategorien wie "Offizielle Krypto-Partner" oder "Offizieller Robot Partner" nicht für die weggebrochenen Einnahmen kompensieren werden können. Immerhin haben mittlerweile anscheinend zahlreiche Vereine aus der EPL das (finanzielle) Potenzial der Blockchain-Technologie und ICOs für sich entdeckt: Während beispielsweise Arsenal London zukünftig die Kryptowährung CashBet promoten wird, hat sich die britische Krypto-Börse eToro bei gleich sieben EPL - Clubs eingekauft. Manchester City hat sich hingegen in einem bislang einzigartigen Deal das Unternehmen UBTECH Robotics als Partner sichern können.
Dass es in Folge der Legalisierung bzw. genauer gesagt der Aufhebung des Verbots von Sportwetten zu einer ähnlich starken Präsenz der Sportwettenanbieter im direkten Umfeld der Sportveranstaltungen in den USA kommen wird, ist fraglich. Bislang ist derartige Werbung in Arenen oder auch dem Trikot der NBA noch verboten. Zu den unmittelbaren Profiteuren werden umso mehr Medienunternehmen gehören, deren TV-Sender, Radiowellen, Podcasts, Apps und Online-Seiten spätestens mit dem anstehenden Start der NFL- und NBA-Saison mit entsprechenden Werbeschaltungen bombardiert sein werden. In den USA werden sicherlich Erinnerungen an den berüchtigten Kampf zwischen den Daily Fantasy - Anbietern (v.a. FanDuel und DraftKings) um die Aufmerksamkeit des US-Konsumenten wach.
Zum Abschluss möchte noch einen Shout-Out an die Sports Maniac - Community von Podcast-Pionier Daniel Sprügel loswerden: Die Gruppe und ihre Teilnehmer, die das Interesse an digitalen Themen im Sports Business eint, war in den letzten Monaten schon des Öfteren Ursprung von interessanten Diskussionen, die oftmals tiefer gehen als dies beispielsweise bei Twitter möglich ist.
Ein gutes Beispiel aus den letzten Wochen war die Diskussion in Folge der Nachricht, dass Juventus in den ersten 24 Stunden nach der Verkündung des Ronaldo-Transfers über 520.000 Trikots des Portugiesen verkauft hätte. Themen, die im Anschluss u.a. zur Sprache kamen, waren die Profitmarge von Fußballvereinen an Trikotverkäufen und die zukünftigen Ambitionen des FC Barcelonas im Merchandise-Bereich. Auf Letzteres möchte ich hier kurz eingehen: Nachdem man den Vermarktungsvertrag mit Ausrüster Nike aufgekündigt hatte um weitere Aktivitäten der Wertschöpfungskette durch die neugegründete Tochtergesellschaft Barça Licensing and Merchandising (BLM) selbst abzudecken, erhofft man sich wohl zukünftig einen größeren Teil des Verkaufspreises als eigenen Umsatz bzw. letztendlichen Gewinn verbuchen zu können. Dass dieses Übergehen des Ausrüsters beim Vertrieb des Trikotverkaufs ein durchaus neuartiges Konzept ist, zeigen die neuesten Entwicklungen, womit ich an dieser Stelle auf meinen letzten Post zu dieser Diskussion in der Sports Maniac - Gruppe verweisen möchte:
Wir hatten ja hier u.a. die Diskussion, dass der FC Barcelona weite Teile der Wertschöpfungskette im Merchandise nun In-House geholt hat und die Rolle von Nike dabei eigentlich auf die Herstellung des "T-Shirts" reduziert wurde. Eine passende News zu diesem Thema: FCB braucht natürlich einen Dienstleister, der sich um die Beflockung kümmert, und hat diesen mit Avery Dennison aus Kalifornien nun anscheinend auch gefunden. Zwei vielsagende Aussagen des Interviews mit Nikita Jayasuriya (Head of Team Sports @ Avery Dennison):
"However, our relationship sits with the brands developing the apparel and fan-wear for these leagues, not directly with the teams and leagues."
„We have a plan moving forward to bridge these relationships across North America as well as driving similar relationships with clubs and leagues in major sports in other global markets.“
Dass ein Verein diesen Part der Wertschöpfungskette übernimmt und damit den Kit-Supplier im Prinzip übergeht (bzw. zum „Lohnhersteller“ degradiert) scheint wirklich relativ revolutionär zu sein. Bislang lief immer alles über Nike, Adidas & Co. und eine direkte Beziehung zu einem Verein anstatt der Merchandise-Hersteller oder Ligen ist auch für Avery Dennison relatives Neuland. Mich würde interessieren, ob sich die Kit-Supplier eventuell in Zukunft in den Verträgen zusichern lassen, sodass ein solcher Schritt wie nun beim FCB gesehen nicht möglich sein wird. Andere Sache: Mir ist aufgefallen, dass sich viele Fußballvereine (u.a. FC Barcelona), aber beispielsweise auch Franchises in der NBA (u.a. LA Lakers), für einen Retro-Style bei der Beflockung entschieden haben. Was ist Eure Meinung dazu? Mir persönlich gefällt es nicht sonderlich. Gleichzeitig bin ich aber auch nicht unbedingt von dem futuristischen Design wie beispielsweise bei Real Madrid überzeugt.
Also mein Aufruf an alle, die noch nicht Teil der Sports Maniac - Community sind, beitreten und mitdiskutieren!
Eine unvermeidbare Folge des Markteintritts zahlreicher neuer (digitaler) Unternehmen in den Sportrechtemarkt ist die weitere Fragmentierung der Plattformen. Dass auch Facebook Übertragungsrechte im Sportrechtemarkt als attraktiven Content identifiziert hat, um die eigene Präsenz auf Wachstumsmärkten außerhalb der USA auszubauen, wurde spätestens mit dem aggressiven Gebot für die Indian Premier League zu Beginn des Jahres deutlich. Während besonders der Erwerb von exklusiven Übertragungsrechten auf dem US-Markt wie mit der MLB bislang eher als mäßiger Erfolg zu bewerten ist, konnte man allein in den letzten Wochen drei beachtliche Deals in internationalen Territorien verzeichnen: Während ich den Erwerb von 32 Spielen der UEFA Champions League für jeweils die nächsten drei Spielzeiten in Lateinamerika aufgrund der starken Präsenz und umfangreichen Berichterstattung durch ESPN (spanischsprachig) und Fox Sports (englischsprachig) aller Vereinswettbewerbe der UEFA in diesem Gebiet nicht zu hoch bewerten würde, sind die anderen beiden Deals aus unterschiedlichen Gründen interessant:
Der dreijährige Deal für die exklusiven Übertragungsrechte an der englischen Premier League in Südost-Asien (z.B. Thailand, Laos) auf der einen Seite verdeutlicht nochmals die Dominanz der EPL bei der internationalen TV-Vermarktung. Allein in diesen vergleichsweise kleinen Märkten wird die EPL über die gesamte Vertragslaufzeit insgesamt EUR 230 Mio. erhalten. Zum Vergleich: Die Bundesliga erwirtschaftet eine vergleichbare Summe durch die komplette (!) Auslandsvermarktung pro Jahr.
In Indien hingegen konnte man Sony Pictures Network, dem Marktführer unter den Pay-TV Anbieter auf dem indischen Sportmarkt, die sich damals in der Ausschreibung für die IPL u.a. gegenüber Facebook und der Perform Group durchgesetzt haben, zumindest zunächst einen auswischen: Dort sicherte man sich die exklusiven Übertragungsrechte an der spanischen La Liga für die nächsten drei Spielzeiten. Während Facebook für die EPL jedoch tief in die Tasche greifen musste, gab es die spanische Liga offensichtlich zum Discount in dem normalerweise sehr umkämpften indischen Subkontinent: Insgesamt USD 20 Mio. über drei Jahre sollen ausgereicht haben, um sich gegenüber der Konkurrenz durchzusetzen.
Auch wenn Sony Pictures Network als bisheriger Rechteinhaber der La Liga nicht wieder für die spanische Liga geboten haben soll, da man wahrscheinlich bereits für die IPL an die finanziellen Grenzen gegangen war, zeigt dieser Deal zwei große Vorteile von einer reichweitenstarken, kostenlos zugänglichen Plattform wie Facebook: Ligen wie die La Liga sind offensichtlich bereit derartigen digitalen Plattformen einen Discount einzuräumen um zum einen Erfahrung mit einem Partner aus dem "New-Media" - Bereich zu sammeln und zum anderen von der enormen Reichweite eines Facebooks auf einem vielversprechenden, jedoch derzeit noch wenig entwickelten Wachstumsmarkt wie Indien zu profitieren. Besonders vor dem Hintergrund der aggressiven Umsatzziele für die Auslandsvermarktung hätte die La Liga sicherlich gerne auch gleichzeitig die finanzielle Vergütung im Rahmen eines Deals mit Facebook wie die EPL bekommen, langfristig war es jedoch meiner Meinung nach nicht die schlechteste Entscheidung um Momentum auf einem potenziell gigantischen Markt wie Indien zu gewinnen. Dass Facebook jedoch das Zehnfache für einen meiner Meinung nach weniger attraktiven Markt an die EPL zahlt, muss allerdings zumindest an der Ehre von La Liga - Präsident Javier Tebas gekratzt haben. Auch Sony Pictures Network soll im vergangenen dreijährigen Rechtezyklus mit insgesamt USD 32 Mio. deutlich mehr an die La Liga gezahlt haben. Gleichzeitig kann es der Liga selbst auch relativ gleichgültig sein, da man von der MediaPro - Gruppe knapp EUR 900 Mio. pro Jahr bis 2024 garantiert bekommen hat.
Der zweite Vorteil einer offenen Plattform wie Facebook gegenüber den anderen Senkrechtstartern im Sportrechtemarkt ist, dass sich die negativen Auswirkungen der Medienfragmentierung zumindest nicht auf den Geldbeutel des Konsumenten auswirkt. Irgendwann ist das monatliche Budget bei den Sportfans bei all den traditionellen Pay-TV Anbietern und neuen OTT-Plattformen ausgereizt. Dann ist Facebook sicherlich eine willkommene Abwechslung.
Dass sich Facebook jetzt kurz vor dem zweiten Spieltag der La Liga doch noch auf eine Sublizenzierung mit Sony Pictures Network einigte, kann ich aus Sicht von Facebook durchaus nachvollziehen: Da die Distribution durch SPN lediglich hinter der Bezahlschranke (Sony Six, Sony ESPN und die OTT-Plattform "Sony Liv") stattfinden wird, bleibt man exklusiver Inhaber der FTA-Übertragungsrechte. Gleichzeitig umgeht man das Risiko ein vergleichbar niederschmetterndes Feedback wie im Fall der exklusiven Übertragung der MLB in den USA zu erhalten: Eine exklusive Übertragung durch digital-only Player bleibt nun mal absolutes Neuland für viele weniger internetaffine Zielgruppen.
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